Kinderpornografie:In allen Punkten schuldig

Die vier Angeklagten, welche die Kinderporno-Plattform "Elysium" betrieben haben, müssen bis zu neun Jahre und neun Monate in Haft. Die Strafen waren größtenteils höher als gefordert.

Von Jan Willmroth

Haftstrafen Kinderporno-Plattform ´Elysium"

Die vier Angeklagten im Landgericht Limburg verbergen vor der Urteilsverkündung ihre Gesichter mit Mänteln und Ordnern.

(Foto: Thomas Frey/dpa)

Hier sitzen die vier Männer zum letzten Mal im Verhandlungssaal des Limburger Landgerichts und hören wohl zum letzten Mal die Stimme des Vorsitzenden Richters Marco Schneider. Die vier deutschen Männer, 41 bis 63 Jahre alt, kannten sich vor dem Prozess nur unter jenen Namen, mit denen sie sich auf "Elysium", einer der größten je entdeckten Kinderporno-Plattformen, einloggten. Sie haben, davon ist die Kammer überzeugt, diese Plattform geschaffen und betreut und somit Zehntausenden Pädophilen einfachen Zugang zu Kinderpornografie verschafft: zu Videos und Bildern von schwerstem Kindesmissbrauch; zu Tätern, die ihre eigenen Kinder im Netz zum Missbrauch anboten. Wenige Minuten nach zwölf Uhr am Donnerstag fällt nach 18 Verhandlungstagen das Urteil. Alle vier Männer werden in sämtlichen Anklagepunkten schuldig gesprochen, unter anderem wegen des Besitzes, des Erwerbs und der bandenmäßigen Verbreitung von kinderpornografischen Schriften, teilweise auch wegen der Anfertigung solchen Materials. Zwei Angeklagte wurden zudem wegen Anstiftung zum Kindesmissbrauch schuldig gesprochen, davon einer auch wegen schweren Kindesmissbrauchs in sieben Fällen.

Das Höchstmaß: Neun Jahre und neun Monate Haft

Der 41-jährige Frank M. aus dem Landkreis Limburg-Weilburg, der in seiner ehemaligen KfZ-Werkstatt den Server bereitstellte, muss nach dem Urteil acht Jahre in Haft. Er hatte bei dem Haupttäter aus dem Missbrauchsfall in Staufen Bilder bestellt und sich damit der Anstiftung zum Missbrauch schuldig gemacht. Der Schwabe Joachim P., 59, der die Webseite hauptverantwortlich programmierte und Frank M. anleitete, erhält eine Haftstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Bernd M., 57, aus dem Raum Tauberbischofsheim, verurteilt das Gericht zu drei Jahren und zehn Monaten Haft.

Prozess im Kinderporno-Fall ´Elysium"

Ein Screenshot der Login-Seite der Kinderpornografie-Plattform "Elysium" wurde vom Bundeskriminalamt auf einem Monitor präsentiert.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Die längste Haftstrafe spricht die Kammer gegen Uwe-Michael G. aus Landsberg am Lech aus. Der 63-Jährige soll für neun Jahre und neun Monate in Haft. Für ihn ordnete das Gericht Sicherungsverwahrung an. Er hatte sich im Elysium-Chat mit einem Mann aus Wien verabredet, um dort dessen Sohn und Tochter im Alter von damals vier und sechs Jahren zu missbrauchen und Aufnahmen davon anzufertigen. Im Prozess habe G. sich als Opfer dargestellt, ein "Wegschieben von Verantwortung" gezeigt und "keinerlei Verständnis" für andere Meinungen zur Sexualität von Kindern gehabt, sagt Schneider. Die Kammer verhängt in drei Fällen höhere Strafen als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Schneider begründet das mit der Größe und der Bedeutung der Plattform Elysium. Sie sei ein bedeutender Treffpunkt für Pädophile im Darknet, dem abgeschirmten Teil des Internets.

Zwar spräche für die Angeklagten, dass sie ihre Taten gestanden hätten, wenngleich mit teils absurden Begründungen, sagt der Richter. "Gegen die Angeklagten aber spricht die Dimension dessen, was wir hier vor uns haben."

Als Ermittler der hessischen Generalstaatsanwaltschaft und des Bundeskriminalamts die Plattform im Juni 2017 abschalteten, hatte Elysium fast 112 000 Nutzerkonten. Nach Abzug der Mehrfach-Accounts gingen die Strafverfolger von etwa 80 000 aktiven Personen aus. Elysium war der Nachfolger der Plattform "The Giftbox Exchange", auf der die vier Verurteilten bereits aktiv gewesen waren; auch das war Teil der Anklage. Innerhalb weniger Monate wuchs Elysium zu einer gigantischen Kinderporno-Seite heran. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigeraller Angeklagten kündigten an, Revision beantragen zu wollen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: