Süddeutsche Zeitung

Kinderporno-Prozess:Alles auf Anfang

Im wieder aufgenommenen Prozess um einen Kinderporno-Ring in Darmstadt kritisiert die Verteidigung erneut die Schöffen. Ein Angeklagter wird womöglich die Aussage verweigern. Doch das Gericht will keine Verzögerung mehr zulassen.

Einer der größten Kinderporno-Prozesse in Deutschland beginnt wieder von vorn. Die zweite Auflage des Prozesses vor dem Darmstädter Landgericht startete mit einer erneuten mehrstündigen Anklageverlesung gegen neun mutmaßliche Mitglieder eines Kinderpornografie-Rings.

Die zwischen 30 und 58 Jahre alten Männer sollen von 2006 bis 2009 auf abgeschotteten Servern mit rund 500 Usern Links und Dateien ausgetauscht haben, die missbrauchte Kinder und Säuglinge zeigten. Zwei der angeklagten Männer werden auch des dutzendfachen Missbrauchs von Kindern beschuldigt.

Die Erstauflage des Verfahrens war nach vier Sitzungen vor zwei Wochen wegen Befangenheit einer Schöffin geplatzt.

Die Besetzung des Gerichts war erneut Gegenstand der Kritik der Verteidiger. Die Anwälte monierten, sie seien über die Benennung der zwei nun ausgetauschten Schöffen zu spät informiert worden. Einer der beiden ehrenamtlichen Richter ist ein pensionierter Polizist. Diese Besetzung sei problematisch und bedürfe der Überprüfung, argumentierten die Verteidiger und forderten eine einwöchige Prozessunterbrechung. Diesen und alle anderen Anträge, die zu einer Verzögerung des Verfahrens geführt hätten, lehnte das Gericht allerdings ab.

Das Bundeskriminalamt hatte vergangenes Jahr einen Tipp bekommen und im September 2009 bei Razzien bei den Angeklagten insgesamt über 100.000 Dateien mit Kinderpornografie sichergestellt.

Auf den Fotos und Videos seien Vergewaltigungen von Kindern zu sehen, heißt es in der Anklage. Auch Säuglinge gehören zu den Opfern. Bei der Erstauflage des Prozesses hatten alle Angeklagten Geständnisse angekündigt und sich zum Teil schon zu den Vorwürfen eingelassen.

Nach Auskunft seines Anwalts wird sich einer der in Darmstadt vor Gericht stehenden Männer, ein 44 Jahre alter Mönchengladbacher, bei der Neuauflage des Verfahrens möglicherweise nicht mehr zu den Anklagepunkten äußern. Alle zurückliegenden Einlassungen der Angeklagten sind für die jetzige Beweisaufnahme nicht verwertbar. Prozessbeteiligte rechnen nun mit einem Urteil erst im kommenden Jahr.

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