Kriminalität:Missbrauchsvorwurf: Prozess gegen Kevin Spacey

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Der Schauspieler Kevin Spacey steht derzeit vor Gericht in New York City, wo ihm der Prozess wegen vermeintlichen Missbrauchs gemacht wird. (Foto: EDUARDO MUNOZ/REUTERS)

Der Hollywoodstar muss sich vor einem Gericht in New York City verantworten. Er soll den damals 14-jährigen Anthony Rapp belästigt haben. Eine Verurteilung gilt allerdings eher als unwahrscheinlich.

Von Christian Zaschke

In den vergangenen Jahren haben mehr als ein Dutzend Männer angegeben, vom amerikanischen Schauspieler Kevin Spacey sexuell belästigt worden zu sein. Nun hat in New York der erste Prozess gegen den einstigen Hollywoodstar begonnen, seit Ende vergangener Woche werden Zeugen vor einem Gericht in Manhattan gehört. Eine zwölfköpfige Jury wird schließlich darüber entscheiden, ob sie dem Schauspieler Anthony Rapp glaubt, der sagt, er sei 1986 von Spacey belästigt worden.

Es ist der erste Prozess, aber es ist nicht das erste Mal, dass Spacey vor Gericht steht. Im Jahr 2019 musste er vor einem Richter im US-Bundesstaat Massachusetts erscheinen. Ein 18-jähriger Mann hatte angegeben, von Spacey in einer Bar auf der Insel Nantucket belästigt worden zu sein. Die Staatsanwaltschaft beantragte jedoch nach der ersten Anhörung die Einstellung des Verfahrens, weil der Kläger den Fall nicht weiterverfolgen wollte. Er war darauf aufmerksam gemacht worden, dass er sich durch das Löschen von Textnachrichten auf seinem Telefon wegen der Vernichtung von Beweismaterial strafbar gemacht haben könnte. Spaceys Anwälte hatten argumentiert, die Textnachrichten könnten zeigen, dass keine ungewollte Belästigung vorlag.

In dem nun in New York anliegenden Fall schilderte Anthony Rapp dem Richter Lewis Kaplan und der Jury, dass er 1986 als 14-Jähriger bei einer Party im Apartment des damals 26 Jahre alten Spacey in Manhattan zu Gast gewesen sei. Von den anderen Gästen habe er niemanden gekannt, also habe er sich ins Schlafzimmer gesetzt und Fernsehen geschaut. Nach einer Weile sei Spacey im Raum erschienen, offenbar angetrunken. Spacey habe ihn hochgehoben und ihn, wie ein Bräutigam die Braut über die Schwelle des neuen Heims trägt, aufs Bett gelegt. Anschließend habe Spacey sich halb neben und halb auf ihn gelegt und seine Körpermitte gegen seine Hüfte gedrückt.

Der Kläger Anthony Rapp in einer Gerichtszeichnung während seiner Aussage. (Foto: JANE ROSENBERG/REUTERS)

Rapp gibt an, er habe sich befreit und sich anschließend eine Weile im Bad aufgehalten. Dann sei er gegangen. Ob er sicher sei, dass er gehen wolle, habe Spacey ihn gefragt. Dies seien die ersten Worte gewesen, die er an ihn gerichtet habe.

Spacey bestreitet die Anschuldigungen. Nachdem Rapp diese erstmals in einem Interview mit Buzzfeed News erhoben hatte, sagte Spacey, er habe keinerlei Erinnerung an einen solchen Vorfall. Sollte etwas Derartiges aber tatsächlich passiert sein, schulde er Rapp eine ehrliche Entschuldigung für sein betrunkenes Verhalten.

In New York sagte Spaceys Anwältin Jennifer Keller nun, dieses Statement sei aus der Panik in seinem Umfeld entstanden, das Sorge hatte, Spacey könne in den sozialen Medien attackiert werden. Intern habe er die Vorwürfe immer bestritten. Die Verteidigung wirft Rapp vor, er habe die Geschichte erfunden, um sich wichtig zu machen. "Es ist keine wahre Geschichte", sagte Anwältin Keller, "aber er erzählt sie oft." Sie wies darauf hin, dass der Kläger selbst bestätige, es habe kein Begrapschen oder Befummeln gegeben, keine Küsse, es sei keine Kleidung abgelegt worden, es sei nicht unter Kleidung gefasst worden, es sei keine sexualisierte Sprache benutzt worden und es habe keine sexualisierten Anspielungen gegeben.

Depressionen und Angststörungen nach dem Vorfall

Rapp klagt wegen "Körperverletzung und dem absichtlichen Verursachen von emotionalem Schmerz". Ursprünglich hatte er auch wegen schwerer Tätlichkeit geklagt, das hatte der Richter jedoch zurückgewiesen. Rapp gibt an, er habe infolge des Vorfalls unter Depressionen und Angststörungen gelitten. Er habe damals, als 14-Jähriger, nicht daran gedacht, zur Polizei zu gehen. Jahre später habe er jedoch Freunden von der Sache erzählt. Zwei dieser Freunde sagten jetzt in New York vor Gericht aus, dass Rapp ihnen die Geschichte in den Neunzigerjahren erzählt habe.

Spaceys Verteidigung führte aus, dass Rapp 1986 in einem Musical namens "Precious Sons" mitgespielt habe. Darin gebe es eine Szene, in der ein Vater betrunken nach Hause kommt und seinen Sohn, gespielt von Rapp, mit seiner Frau verwechselt. Der Vater habe den Sohn auf seine Arme genommen, aufs Bett gebracht und sich halb neben und halb auf ihn gelegt. Diese Szene habe Rapp dazu inspiriert, die Episode mit Spacey zu erfinden. Zudem legte die Verteidigung einen Grundriss von Spaceys damaliger Wohnung vor, der sich ihrer Ansicht nach nicht mit Rapps Beschreibung der Begebenheiten decke.

Dass Spacey in dem New Yorker Verfahren verurteilt wird, gilt als unwahrscheinlich. Sollte er freigesprochen werden, lägen in den USA bis auf Weiteres keine juristisch relevanten Vorwürfe gegen ihn vor. Im kommenden Jahr muss er sich allerdings in Großbritannien verantworten. Dort stehen vier Fälle wegen sexueller Belästigung an und einer wegen penetrativem Sex ohne Einwilligung. Auch in diesen Fällen haben Spaceys Anwälte auf nicht schuldig plädiert. Die Verfahren sollen im Sommer 2023 in London beginnen.

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