LuftfahrtKerosin über der Pfalz

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Solch ein Airbus A380 der Singapore Airlines musste am Donnerstag seinen Flug vorzeitig abbrechen.
Solch ein Airbus A380 der Singapore Airlines musste am Donnerstag seinen Flug vorzeitig abbrechen. (Foto: Airbus/dpa)

Am Donnerstag musste ein Airbus "A380" in Frankfurt notlanden. Zuvor wurden Zehntausende Liter Kerosin abgelassen. Warum so etwas immer wieder vorkommt.

Von Patrick Illinger

Der Start verlief planmäßig, der weitere Flug nicht. Rund eine halbe Stunde nach dem Abheben vom Flughafen London-Heathrow am vergangenen Donnerstag meldete Flug SQ317 der Singapore Airlines einen technischen Notfall. Die Flugsicherung leitete die Maschine nach Frankfurt am Main um.

Doch statt in direkter Linie den Rhein-Main-Flughafen anzusteuern, bog der riesige Airbus A380 bei Bonn nach Süden ab und flog in nur 3000 Meter Höhe eine weiträumige Schleife über Rheinland-Pfalz. Den Flugdaten ist zu entnehmen, dass das Flugzeug eine gute Stunde lang unterwegs war, bevor es ohne weitere Zwischenfälle in Frankfurt aufsetzte.

Die Flugdaten zeigen den Umweg der Maschine.
Die Flugdaten zeigen den Umweg der Maschine. (Foto: Screenshot von Flightradar24.com)

Der Grund für den Umweg ist klar: Vor einer außerplanmäßigen Landung müssen vollgetankte Jets Kerosin ablassen - ein in der Luftfahrt übliches Prozedere.

Tonnenweise wird dabei der Treibstoff über eigens dafür vorgesehene Auslassdüsen an den Tragflächen versprüht. Wie Sprudelwasser aus einer Druckflasche spritzt das Kerosin in die Luft. Ein Pfälzer Hobbyfotograf fing das Geschehen ein.

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Der A380 ist das größte Passagierflugzeug der Welt, und auf dem Weg von London nach Singapur waren die mehr als 300 000 Liter fassenden Tanks des Doppeldecker-Jets gut gefüllt. 60 Tonnen dieses Treibstoffs wurden nach Angaben des Luftfahrt-Bundesamtes bei dem Vorfall vom Donnerstag über der Pfalz in die Luft geblasen.

Flugzeuge dieser Größenordnung starten mit mehr Gewicht, als sie beim Landen haben dürfen. 560 Tonnen beträgt das maximale Startgewicht eines A380, landen darf dieser Typ mit maximal 386 Tonnen. Ein prall gefüllter A380 würde beim Aufsetzen das Fahrwerk ruinieren, ganz abgesehen von möglichen katastrophalen Folgen.

Der Grund für Notlandungen kann medizinischer Natur sein - ein Infarktpatient braucht Hilfe - oder es tritt ein technisches Problem auf. Manchmal kommt es sogar vor, dass die Tanks vor einer Notlandung aus Sicherheitsgründen nahezu vollständig geleert werden. Einer Statistik des Luftfahrt-Bundesamtes ist zu entnehmen, dass solche Ereignisse nicht alltäglich sind, aber auch nicht gerade selten. Rund zweimal pro Monat wird über Deutschland Kerosin versprüht. Der Vorfall vom Donnerstag war der 27. in diesem Jahr. Am 19. Mai wurden 80 Tonnen Treibstoff über Mittelhessen abgelassen, Mitte August bekam die südliche Pfalz 89 Tonnen ab. Generell wird die Pfalz für diese Anlässe gerne genutzt: Dort gibt es viel Wald und wenig sonstigen Flugverkehr.

In einem Gutachten kam das Luftfahrt-Bundesamt 2020 zu dem Schluss, dass "nach derzeitigem Wissensstand keine kritischen Umweltauswirkungen von Treibstoffschnellablässen auf Boden, Grundwasser, Luft und menschliche Gesundheit" zu befürchten seien. Das Kerosin samt möglichen Schadstoffen verdunste demnach in der Luft.

Am Boden sei die Schadstoffbelastung aus dem normalen Autoverkehr höher, besagt das LBA-Gutachten. Ganz aus der Welt ist der Sprit damit natürlich nicht. Und er sorgt für politischen Zündstoff: Nach dem Vorfall im vergangenen August kritisierte die CDU-Opposition in Mainz die Landesregierung und forderte klare Konsequenzen.

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