SZ-Kolumne "Bester Dinge":Ein Baum als Feigenblatt

(Foto: AFP)

Wie Kenias Präsident sich auf Markus Söders Spuren begeben und als Baumfreund inszeniert hat - zumindest ein bisschen.

Von Veronika Wulf

Kenias Präsident Uhuru Kenyatta hat einen Baum gerettet. Der hundertjährige Feigenbaum in Nairobi hätte dem Bau einer neuen Schnellstraße zum Opfer fallen sollen, doch das verhinderte Kenyatta mit einem Dekret, in dem er ihn als "Leuchtturm des kulturellen und ökologischen Erbes Kenias" bezeichnete. Applaus - nicht nur von Umweltschützern, die dafür demonstriert hatten.

Politiker zeigen sich seit jeher gern baumnah. 2019 umarmte Markus Söder ein Exemplar im Münchner Hofgarten, um zu zeigen, dass er jetzt auch Klima kann. Der Baum, der unweit seines Arbeitsplatzes steht, muss sich gefühlt haben wie ein Passant bei der Straßenumfrage: Er war halt der Nächstbeste. 2018 pflanzten die Präsidenten Emmanuel Macron und Donald Trump eine französische Eiche in den Garten des Weißen Hauses, während die Gattinnen mit ihren Stilettos fast im Rasen steckenblieben. Wladimir Putin posierte bereits in Camouflage zwischen zwei dünnen Bäumchen, die ihn gleich stämmiger erscheinen ließen. Und was Merkel schon an Erde geschaufelt hat! Schließlich wird das symbolische Bäumepflanzen bei allen möglichen Gipfeltreffen zelebriert. Wurzeln schlagen, Hand anlegen, Beständigkeit und so.

Der kenianische Feigenbaum hätte vor der präsidentiellen Rettung übrigens nur umgepflanzt werden sollen. Dass das nicht immer gutgeht, zeigt die Macron'sche Eiche: Sie wurde - als eingewandertes Gewächs - nur wenige Tage nach der pressewirksamen Pflanzung wieder ausgebuddelt und in Quarantäne geschickt. Dort ist die transatlantische Symbol-Eiche jedoch nicht minder symbolträchtig eingegangen.

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