Süddeutsche Zeitung

Keime in Wurstwaren:Verbraucherschützer warnen vor Wilke-Produkten

Lesezeit: 2 min

Nach zwei Todesfällen in Südhessen hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auch für Niedersachsen und Bremen vor Wurstwaren der Firma Wilke gewarnt. Der Grund sei, dass es einen "möglichen Zusammenhang von Produkten der Firma Wilke mit einem lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch" gibt, teilte das Bundesamt über das Portal www.lebensmittelwarnung.de mit. Die betroffene Produktion der Firma hat das Identitätskennzeichen "DE EV 203 EG". Die Wurstwaren seien auch in loser Form über Wursttheken verkauft worden, hieß es. Die Warnung wurde für 15 Bundesländer ausgesprochen, nur für Mecklenburg-Vorpommern besteht demnach derzeit keine Warnung.

Betroffen seien alle Produkte des in Twistetal-Berndorf im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg ansässigen Fleisch- und Wurstherstellers Wilke. In mehreren Fällen seien in Wurstprodukten Listerien nachgewiesen worden. Listerien sind Bakterien, die zu Durchfall und Fieber führen können. Für Menschen mit einem geschwächtem Immunsystem können sie lebensgefährlich sein.

Zwei Todesfälle in Südhessen stünden nach Angaben eines Sprechers des Landkreises Waldeck-Frankenberg laut Gutachten mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,6 Prozent im Zusammenhang mit Wilke-Produkten. Es gebe zudem 37 weitere Krankheitsfälle, die möglicherweise mit den Wurstwaren der Firma im Zusammenhang stünden. Mittlerweile ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Kassel wegen fahrlässiger Tötung. Es gebe einen Anfangsverdacht, sagte eine Sprecherin. Dieser richte sich aber noch nicht gegen eine konkrete Person.

Wilke-Wurstprodukte gingen doch unter anderem Namen in den Handel

Die Verbraucherorganisation Foodwatch warf den Behörden und dem nordhessischen Wurstproduzenten am Freitag "schwere Versäumnisse" vor. Es sei inakzeptabel, dass noch immer keinerlei Angaben zu den Verkaufsstellen der zurückgerufenen Produkte gemacht worden seien. Auch gebe es bislang keine Liste der betroffenen Produkte. Die Verbraucher könnten die Herkunft der Produkte nicht sicher nachvollziehen, kritisierte Foodwatch. So habe Wilke offenbar auch für Handelsmarken produziert - etwa für die Großhandelskette Metro, die die Produkte unter der Eigenmarke Aro vertreibe.

Man habe alle Produkte der Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren GmbH aus dem Sortiment genommen, sagte eine Metro-Sprecherin am Freitag. Darunter seien auch Metro-Eigenmarken gewesen. Die Sprecherin betonte, man sei auf eigene Initiative tätig geworden. Bereits am Mittwoch habe man vor Eintreffen des Rückrufs alle Wilke-Produkte aus den Regalen genommen und die Kunden informiert. Metro nehme zudem bei Eigenmarken zusätzliche Stichproben. Dabei sei Wilke in den vergangenen sechs Monaten nicht auffällig gewesen.

Die Behörden hatten am Mittwoch die Produktion des Wurstherstellers in Nordhessen vorläufig geschlossen. Das Unternehmen geriet daraufhin in wirtschaftliche Schieflage: Der Hersteller habe die Eröffnung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens beantragt, sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Korbach am Freitag. In einem solchen Verfahren werde geprüft, ob die Voraussetzungen zur Durchführung eines Insolvenzverfahrens vorliegen. Das Unternehmen geht nach eigenen Angaben auf eine Dorfmetzgerei zurück, die vor mehr als 80 Jahren gegründet wurde. Die Firma beschäftigt nach Zahlen auf seiner Homepage rund 200 Mitarbeiter und exportiert Waren weltweit.

Laut Robert-Koch-Institut schwankt die Zahl der Listerien-Infektionen in Deutschland zwischen 300 und 600 Fällen pro Jahr. Im Durchschnitt endeten sieben Prozent tödlich. "Die Listeriose gehört damit zu den meldepflichtigen Erkrankungen mit der höchsten Letalität", so das RKI.

Auch in den Niederlanden werden Todesfälle durch die Keime gemeldet - allerdings ohne Bezug zu Wilke. Die dort verseuchten Produkte kamen von von einer Firma in Aalsmeer. Der Betreib wurde vorläufig stillgelegt. Insgesamt soll es 20 Fälle von Infektionen durch Waren dieser Firma gegeben haben, so die zuständige Behörde.

Erst seit Kurzem gibt es eine technische Methode, mit der man die Quelle der Verunreinigung ermitteln kann. Dabei hatte die niederländische Gesundheitsbehörde durch DNA-Analysen den genauen Typus der Bakterie identifizieren können. Die Daten wurden wiederum mit den DNA-Proben der Aufsichtsbehörde für Nahrungsmittel verglichen. Und die Spur führte zu der Firma in Aalsmeer. Am Donnerstag musste das Unternehmen Dutzende Produkte aus Supermärkten und Großhandel zurückrufen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4627678
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/afis
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.