Katholische Kirche:So viel Geld haben Deutschlands Bistümer

Das Bistum Paderborn besitzt mehr als vier Milliarden Euro. Doch was sagt das über den Reichtum der Kirche insgesamt? Und welche Zahlen werden nicht verraten?

Von Oliver Klasen, Jakob Wetzel und Anna Fischhaber

Der Frage, wie reich die katholische Kirche in Deutschland wirklich ist, ist schwierig zu klären. Die Antwort steckt in Hunderten Bilanzen, Jahresabschlussrechnungen, Finanzberichten und Haushaltsplänen. Doch selbst wenn man sie alle durcharbeitet, hat man keinen vollständigen Überblick. Zwei Zahlen zur Annäherung - eine sehr große und eine sehr kleine.

4.012.193.600 Euro. Auf diesen Betrag beläuft sich das gesamte Vermögen des Erzbistums Paderborn,das in der vergangenen Woche zum ersten Mal seine Finanzen offengelegt hat. Damit ist Paderborn nach derzeitigem Stand die reichste Diözese in Deutschland - auch wenn ein Bistumssprecher eilig betonte, dass nicht einmal 20 Prozent dieser Summe frei verfügbares Kapital seien.

Nur 27 Euro, das geht aus den im März veröffentlichen Zahlen des Erzbistums Köln hervor, beträgt der Wert des Kölner Doms - immerhin Wahrzeichen und Weltkulturerbe. Weil der Dom nach Angaben der Kirche unverkäuflich ist und keinerlei Erträge abwirft, sondern im Gegenteil pro Jahr etwa zwölf Millionen Euro Unterhalt kostet, ist der Wert des Gebäudes nur mit einem symbolischen Euro angesetzt. Hinzu kommt nochmal jeweils ein Euro für jede der 26 Grundstücksparzellen, an denen der Dom liegt.

Die beiden Zahlenbeispiele werfen bereits einige der Fragen auf, um die es beim Komplex Kirche und Geld geht: Was heißt es, wenn ein Bistum ein Vermögen von vier Milliarden Euro hat? Wie werden Grundstücke und Gebäude in der Bilanz berücksichtigt? In welchem Verhältnis steht das Vermögen zu den jährlichen Ausgaben? Und was sagen all die Zahlen über den Reichtum der Kirche aus?

Seit dem Skandal um den ehemaligen Limburger Bischof Tebartz-van Elst hat sich die katholische Kirche Transparenz verordnet. Ein Würdenträger, der an allen Gremien vorbei Gelder für fragwürdige Zwecke abzweigt, das soll es künftig nicht mehr geben. Also legen die Bistümer nach und nach ihre Finanzen offen, auch wenn sie kirchenrechtlich gar nicht dazu verpflichtet sind. 14 der 27 Bistümer haben inzwischen Bilanzen veröffentlicht, so wie es auch große Unternehmen tun (siehe Grafik oben). Andere Bistümer wollen in den kommenden Jahren nachziehen.

Auch wenn durch die neue Offenheit der Bistümer jetzt theoretisch alle Gläubigen im Internet nachlesen können, wie reich die Kirche ist, gilt es einige Punkte zu beachten, um die Zahlen richtig zu verstehen.

Das Geld der Kirche gibt es nicht

Jedes der 27 katholischen Bistümer in Deutschland verfügt über einen Haushalt, aus dem es die Ausgaben für die Seelsorge, das Personal und den Bau sowie den Unterhalt von Gebäuden finanziert. In diese Haushalte fließt auch die Kirchensteuer, die seit dem 19. Jahrhundert die wichtigste Finanzierungsquelle der Kirche ist. In den Etats der Bistümer steckt deshalb ein Großteil der laufenden Einnahmen, aber eben nicht alles.

Hinzu kommt der Haushalt des jeweiligen bischöflichen Stuhls, der zumindest in manchen Bistümern getrennt vom jeweiligen Haushalt verwaltet wird. Dabei handelt es sich um Geld, das der bischöflichen Amtsverwaltung selbst zur Verfügung steht. Allerdings geht es um vergleichsweise kleinere Summen. Beispiel Bistum Speyer: Dort beträgt der reguläre Haushalt mehr als 140 Millionen Euro - der bischöfliche Stuhl setzt weniger als eine Million Euro im Jahr um.

Außerdem gibt es die laufenden Haushalte der Pfarrkirchenstiftungen, also von den Tausenden einzelnen Pfarreien, die als eigenständige Körperschaften wirtschaften. Wenn jemand der örtlichen Kirche Geld spendet, taucht diese Zuwendung im Haushalt des Bistums nicht auf.

Der Etat ist nicht gleich dem Vermögen

Der Haushalt eines Bistums umfasst die jährlichen Ein- und Ausgaben. Wichtigster Posten bei den Einnahmen ist die Kirchensteuer; sie macht je nach Bistum mindestens zwei Drittel der Summe aus. Der Rest kommt aus Zuwendungen, die der Staat etwa für kirchliche Schulen, Kindertagesstätten oder Sozialbetriebe zahlt. Außerdem erwirtschaftet die Kirche, etwa durch Immobilienbesitz, auch selbst Geld. Ein großes Bistum wie Köln kalkuliert mit fast 800 Millionen Euro jährlich, ein kleines Bistum wie Passau nur mit etwas mehr als 110 Millionen Euro. Das Geld fließt zum Großteil in Personalausgaben, Baumaßnahmen oder Zuschüsse an kirchliche Einrichtungen.

Welche Zahlen nicht öffentlich sind

Das Vermögen des jeweiligen Bistums ist etwas anders. In der jährlichen Bilanz taucht es höchstens indirekt auf, etwa wenn dort von Zins- oder Pachteinnahmen die Rede ist. Wie hoch der Besitz des Bistums ist, lässt sich daraus höchstens indirekt ableiten. Zum Besitz gehört zum Beispiel Geld, das in Unternehmensanteilen steckt, etwa der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft, an der mehrere Bistümer in Westdeutschland beteiligt sind. Alle Bistümer haben auch Rücklagen bei normalen Banken, dazu gehört auch das Anlagekapital in Kirchenbanken wie der Liga-Bank. Daneben verfügen die Kirchen über Immobilien-, Grund- und Waldbesitz, außerdem über Domschätze, kostbare Bücher und andere Kunstgegenstände. Rechnet man alle Werte zusammen, können schnell Milliardenbeträge zusammenkommen, wie man an den Zahlen für die Erzbistümer Köln und Paderborn sieht.

Vermögen bedeutet nicht liquide Mittel

Von dem Vermögen, das die Bistümer in ihren Bilanzen ausweisen, ist ein Großteil für Rücklagen gebunden. Der wichtigste Posten sind hier die Pensionsansprüche der Priester und anderer Würdenträger. Auch das Geld der einzelnen Pfarreien lässt sich nicht zentral anzapfen, weil diese meist als Stiftungen organisiert sind und alle Ausgaben dem Stiftungszweck dienen müssen.

Nicht alle Zahlen werden veröffentlicht

Über die Verwendung der Kirchensteuern legen die Bistümer schon seit Jahren öffentlich Rechenschaft ab. Deshalb sind die regulären Haushalte öffentlich und in aller Regel auch online abrufbar. Etwas anderes sind die Gelder, über die die bischöflichen Stühle unabhängig davon verfügen können. Sie sind in der Regel nicht öffentlich. Auch die Vermögensverhältnisse, also den gesamten Besitzstand, legen nicht alle Bistümer offen.

Die Haushalte der einzelnen Pfarreien wiederum sind zwar grundsätzlich auch einsehbar, viele Pfarrer sträuben sich aber, sie wirklich öffentlich zugänglich zu machen. Oft gibt es Vorgaben wie die, dass der Haushalt einmal im Jahr für einige Wochen ausgehängt wird. Wer zu spät kommt, hat Pech gehabt. Transparenz gibt es hier also höchstens in Anführungszeichen.

Mitarbeit: Dorothea Wagner

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