Katholische KirchePriester sollten sexuellen Missbrauch verheimlichen

Lesezeit: 1 Min.

Einem britischen Zeitungsbericht zufolge hat der Vatikan in den 60er Jahren offiziell angeordnet, sexuellen Missbrauch durch Priester nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Erst vor zwei Jahren hat die Führung der katholischen Kirche diese Anordnung bestätigt.

Die Bischöfe in der ganzen Welt seien 1962 in einem streng vertraulichen Vatikan-Dokument angewiesen worden, solche Vergehen "mit größter Geheimhaltung" innerkirchlich zu verfolgen, berichtete die Londoner Zeitung The Observer.

Auch die Opfer des Missbrauchs sollten unter der Drohung der Exkommunizierung zum Stillschweigen verpflichtet werden. Sie müssten aber innerkirchlich den Missbrauch anzeigen. Der Vatikan wollte dazu bislang nicht Stellung nehmen."Es gibt dazu zur Zeit keine Reaktion", hieß es in der Pressestelle.

Das lateinische Rundschreiben des damaligen Heiligen Uffiz' (der heutigen Glaubenskongregation) mit dem Titel "Crimine Solicitationies" beziehe sich auf sexuelle Belästigung durch Priester im Beichtstuhl oder vor und nach der Beichte. 2001 habe der deutsche Kardinal Ratzinger in einem neuen Rundschreiben betont, dass das Dokument noch gültig sei, schreibt der Observer.

Siegel von Papst Johannes XXIII.

In dem 69-Seiten-Schreiben geht es im Einzelnen darum, wie innerkirchliche Untersuchungen in solchen Fällen zu führen und Priester eventuell zu bestrafen sind. Laut Observer trägt das Dokument das Siegel des damaligen Papstes Johannes XXIII.

Das Schreiben habe ein US-Anwalt bei Nachforschungen über sexuellen Missbrauch in Geheimarchiven der katholischen Kirche entdeckt, berichtet das Blatt weiter.

Vor allem die US-Kirche wird seit gut zwei Jahren von einer Skandal-Serie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester erschüttert. 2001 hatte Papst Johannes Paul II. ein hartes Vorgehen gegen solchen Missbrauch gefordert.

Der Observer veröffentlichte nach eigenen Angaben das Vatikan- Rundschreiben in der englischen Fassung, die damals an die britischen Bischöfe gegangen sei. Darin heißt es: "Dieser Text ist als streng vertraulich zu betrachten und sorgfältig in den Geheimarchiven der Kurie zu verwahren."

Auch Strafen für Priester festgelegt

Es heißt, alle Beteiligten bei solchen Missbrauchsfällen im Zuge der Beichte - Priester, Opfer sowie Zeugen - sollten "ewiges Stillschweigen" schwören. Das Rundschreiben legt darüber hinaus im Detail fest, wie die Untersuchungen innerhalb der Kirche zu führen und Priester eventuell zu bestrafen oder zu versetzen sind.

Ein Sprecher der katholischen Kirche in Großbritannien habe die Echtheit des Dokuments bestätigt, schreibt die Londoner Zeitung.

Allerdings bestritt er, dass es sich um einen absichtlichen Plan zur Vertuschung sexueller Missbrauchsfälle in der Kirche handele. Es gehe vielmehr darum, "Beschuldigte zu schützen, so wie dies heute bei Zivilverfahren der Fall ist".

(sueddeutsche.de/dpa)

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: