Kater kandidiert für Bürgermeisteramt in Mexiko:Alle für die Katz

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Hat den Killerblick: Morris möchte ganz weit nach oben (Foto: REUTERS)

"Er schläft fast den ganzen Tag und macht sonst nicht viel, er ist perfekt als Politiker geeignet": In der mexikanischen Stadt Xalapa soll ein Haustier Bürgermeister werden. Kater Morris hat bereits unzählige Fans und wurde zu einem Internet-Phänomen. Doch die Kandidatur ist kein Witz: Den Machern geht es um ein ernstes Anliegen.

Von Mathias Weber

"Yes we cat" steht auf den Wahlkampf-T-Shirts, -Tassen und -Stickern, die derzeit überall in der mexikanischen Stadt Xalapa verkauft werden. Auf den Plakaten ist aber kein Mensch abgebildet, sondern - ein Kater. Er trägt - wie ein echter Politiker - Sakko und Krawatte, als wäre er jederzeit bereit, auf den Bürgermeistersessel zu springen, dort, wo er hin will. Denn der Kater Morris kandidiert als Bürgermeister für die Stadt am Golf, Anfang Juli ist die Wahl. Sein Besitzer Sergio Chamorro sagt: "Er schläft fast den ganzen Tag und macht sonst nicht viel, er ist perfekt als Politiker geeignet."

Ein Witz? Zwar ist Morris nicht als offzieller Kandidat registriert, aber seine Kandidatur hat einen ernsten Hintergrund. Die von den mexikansichen Politikern desillusionierten Freunde rund um Chamarro haben Anfang des Monats den Kater als Bürgermeisterkandidat aufgestellt, um ein Zeichen zu setzen: Mit dem Wahlkampfslogan "Keine Lust mehr Ratten zu wählen? Wählen sie eine Katze!" wollen sie auf den miserablen Zustand der mexikanischen Politik aufmerksam machen. "Morris wurde zu einem Symbol dafür, wie sehr die Mexikaner die Nase voll haben von unseren Politikern und einem System, das uns nicht repräsentiert", sagt Katzenbesitzer Chamorro.

Kaum Vertrauen in das System

Umfragen zeigen, dass die Mexikaner kaum Vertrauen in ihre Politiker haben. Einer Untersuchung der Agentur Mitofsky zufolge finden sich Politiker und Beamte am unteren Ende der Skala von 15 Institutionen, denen sie noch Vertrauen schenken. Auf den beiden vorderen Plätzen: Universitäten und die Kirche. Gerade in der 450.000-Einwohner-Stadt Xalapa kommt Morris' Botschaft an: Die Universitätsstadt am Golf von Mexiko leidet unter Drogenkriminalität und Korruptionsskandalen. Mindestens neun Journalisten wurden dort bisher ermordet.

Morris, der schwarz-weiße Kater mit den orangen Augen, ist ein Symbol, und das kommt an: Die Facebookseite für den Candiagato ( gato ist das spanische Wort für Katze) hat 134.000 Likes, weit mehr als jeder andere Politiker, der bei den Wahlen antritt. Und schnell ist aus Morris ein Internetphänomen geworden: Fans aus Mexiko und der ganzen Welt basteln Plakate, schneiden Videos, überlegen sich Wahlkampfslogans und twittern im Namen der Katze. Am Wahltag, so lässt Morris verkünden, sollen die Bürger einfach das Gesicht einer Katze auf den Wahlzettel malen und so ihren Unmut bekunden.

Was Kater Morris von dem ganzen Trubel hält, ist nicht bekannt (Foto: REUTERS)

Poltiker und Behörden reagieren mittlerweile besorgt: Wie der Guardian berichtet, fordert die Leiterin des Wahlinstitutes von Veracruz die Wähler auf, ihre Stimme nicht für eine Katze zu vergeuden. "Es ist wichtig nur für die Kandidaten zu stimmen, die auch registriert sind", sagte Carolina Viveros. "Bitte."

Auch mal über die Politiker lachen

Der Universitätsprofessorin Giovanna Mazzotti hingegen gefällt die Kampagne. Sie sagt, Morris zeige die "Fiktion", die eine Wahl in Mexiko darstelle. "Alle drei Jahre lachen uns die Politiker aus, da ist es gut, wenn wir auch einmal über die Politiker lachen." Mazzotti will auch an einer Party teilnehmen, die zu Morris' Ehren am kommenden Freitag veranstaltet werden soll. Der Kater selbst, so wird gemunkelt, wird der Feier allerdings fernbleiben.

Der Erfolg und die Botschaft von Morris hat bereits tierische Nachahmer im ganzen Land inspiriert, denen ähnliche politische Ambitionen nachgesagt werden: Einen Esel in Ciudad Juarez, einen Hund in Oaxaca und ein Huhn in Tepic. Doch keiner dieser Kandidaten hat bisher eine ähnliche Popularität erreicht. Auch aus dem Ausland erreicht Morris mittlerweile Unterstützung: Der Kater Stubbs, Ehrenbürgermeister der Stadt Talkeetna in Alaska, hat den Wahlwerbespot seines Kollegen auf seine Facebook-Seite gestellt.

Und wie es mit Morris nach der Wahl weiter geht, sollte er nicht Bürgermeister werden? Im Internet sollen seine Fans abstimmen können, welche öffentliche Rolle der Kater in Zukunft spielen wird.

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