Süddeutsche Zeitung

Katastrophen-Präventionstag in Japan:"Lasst uns Klopapier horten!"

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Das japanische Industrieministerium fällt mit einer ungewöhnlichen Aktion auf: Die Behörde ruft die Bevölkerung dazu auf, Toilettenpapier zu horten. Mindestens einen Monat soll der Vorrat reichen. Was skurril klingt, hat einen ernsten Hintergrund.

"Bereiten Sie sich vor, um später nichts bereuen zu müssen:" Mit einem etwas ungewöhnlichen Aufruf hat sich die japanische Regierung an ihre Bevölkerung gewandt. Es geht um das richtige Kaufverhalten bei Klopapier. In einer Erklärung zum Katastrophen-Präventionstag an diesem Montag ruft das Industrieministerium in Tokio dazu auf, Toilettenpapier zu horten. Ja, zu horten.

Die Aktion klingt skurril, hat aber einen ernsten Hintergrund: Die Japaner sollen sich für mögliche Naturkatastrophen wappnen. "Wenn den Menschen das Klopapier ausgeht, fangen sie an, Taschentücher zu benutzen und verstopfen damit womöglich funktionierende Toiletten", erklärt Toshiyuki Hashimoto, ein Mitarbeiter des Ministeriums, laut der Nachrichtenagentur AP. "Bei großen Katastrophen wie etwa Erdbeben wird ein Mangel an benutzbaren Toiletten stets zum Problem." Ein Mangel an Klopapier erschwere die Lage dann noch zusätzlich.

Knapp wurde das Toilettenpapier beispielsweise nach dem Erdbeben und der Tsunami-Katastrophe im März 2011. Auch während des Ölschocks im Jahr 1973 gingen die Rollen fast aus, weil die Bevölkerung Massenkäufe startete.

Vorrat für einen Monat

Um solche Szenarien künftig zu verhindern, fordert das Ministerium die Japaner auf, genug Toilettenpapier für mindestens einen Monat vorrätig zu halten. "Bitte nutzen Sie den Katastrophen-Präventionstag, um mit dem Lagern von Toilettenpapier daheim zu beginnen!" Als Teil der Kampagne wird eine spezielle Rolle angeboten: Sie sei besonders straff gewickelt, einlagig, 150 Meter lang - und soll doppelt so lange halten wie herkömmliche Klopapierrollen. Eine vierköpfige Familie könne mit sechs dieser Rollen einen Monat lang auskommen, erklärte ein Industrievertreter.

Der japanischen Papier- und Konsumgüterindustrie dürfte die Aktion gefallen. Denn seit April dieses Jahres sind die Umsätze zurückgegangen. Genauer: Bis März waren die Umsätze spürbar gestiegen. Das lag aber nicht am Pflichtbewusstsein der katastrophengeplagten Japaner, sondern vielmehr an ihrer Sparsamkeit. Denn zum 1. April wurde die Mehrwehrtsteuer von fünf auf acht Prozent erhöht - davor horteten die Menschen, so viel sie konnten. Auch Toilettenpapier.

Ende März waren die Regale leer

SZ-Kollege Christoph Neidhard berichtete damals von Hinweisschildern an den Eingängen von vielen Tokioter Supermärkten: "Nur ein Paket Klopapier pro Kunde." Das gelte auch für unterschiedliche Marken, stand darunter. Durchschnittliche Ersparnis bei einer Dutzendpackung waren etwa zwölf Cent. Ein kleiner Betrag, der im teuren Japan für viele ins Gewicht fällt. Am Abend des 31. März waren jedenfalls viele Regale leer, das Klopapier weg.

Jetzt wäre dagegen wieder genug zum Horten da. Das Industrieministerium weist deshalb präventiv darauf hin, dass 40 Prozent des heimischen Toilettenpapiers in der Präfektur Shizuoka produziert werden, die laut Experten durch Erdbeben oder Tsunamis bedroht ist. Ein weiterer Kaufanreiz.

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