Süddeutsche Zeitung

11.11.:Ein Karneval, wie ihn Köln noch nicht kannte

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Das Pandemie-Jahr macht auch vor der liebsten Institution der Rheinländer nicht halt. Zumindest einen gar nicht so kleinen fliegenden Hilferuf gibt es.

Die Corona-Pandemie und insbesondere die für den November ausgerufenen Maßnahmen zur Eindämmung haben auch Folgen für ein Datum, das in Köln und weiteren Hochburgen der fünften Jahreszeit fast schon ein Heiligtum ist: Wo sonst am 11.11. um 11.11 Uhr der Beginn des Karnevals gefeiert wird, herrscht heute eher Leere, überwacht von Hunderten Polizisten.

Normalerweise wird Köln an diesem Tag alljährlich von Hunderttausenden Karnevalstouristen besucht. Diesmal jedoch sind alle Feiern abgesagt, und es gilt ein Alkoholverbot, auch auf der Straße. So ruhig wie dieses Jahr dürfte es in Köln am 11.11. schon lange nicht mehr gewesen sein - wobei das Datum erst in den vergangenen 20 bis 30 Jahren zu einem Event geworden ist. Für die Stadt ist der Ausfall ein wirtschaftlicher Aderlass - von Kneipen und Gaststätten über Veranstaltungs-Locations und Hotels bis hin zu den Kostümgeschäften haben alle Verluste zu beklagen.

Der Kölner Karnevalsprinz Sven I. feiert den Auftakt der närrischen Saison dieses Jahr nur sehr verhalten. "Der 11.11. läuft heute unter dem Motto "Diesmal nicht", weil das aktuelle Infektionsgeschehen nichts anderes zulässt", sagte der Oberjeck am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Er werde deshalb in einem Krankenhaus an das medizinische Personal 111 Weckmänner verteilen. "Frohsinn heißt ja nicht, dass man gegen das Infektionsgeschehen verstößt, im Gegenteil", erläuterte Sven I. "Frohsinn bedeutet, dass man den Menschen Freude bringt, und gerade in Krisenzeiten ist das wichtig, damit die Menschen einen Lebensmut haben. Karneval darf man nicht verwechseln mit Saufen und über die Stränge schlagen." Das Kölner Dreigestirn eröffnete die Karnevalssession im kleinen Kreis, im TV übertragen vom WDR.

Die Polizei will mit mehreren Hundertschaften im Einsatz sein, um sicherzustellen, dass die Verbote auch eingehalten werden. Angemeldet ist auch eine Kundgebung gegen die Corona-Schutzbestimmungen.

Die Karnevalisten setzen gegen diese Demos noch ein besonderes Zeichen: Die Roten Funken wollen über der Innenstadt einen Zeppelin mit einer klaren Botschaft aufsteigen lassen. Auf der einen Seite steht auf Kölsch "Bliev zohuss" (Bleib zu Hause), auf der anderen auf Hochdeutsch "Bleibt gesund".

Auch andere Institutionen wissen sich zu helfen: In Düsseldorf findet das traditionelle Hoppeditz-Erwachen in digitaler Form statt. Dazu hat das Comitee Düsseldorfer Carneval extra einen Internetauftritt eingerichtet. Statt vor mehreren tausend Zuschauern auf dem Platz vor dem Rathaus aus einem Senftopf zu klettern, wird Hoppeditz-Darsteller Tom Bauer seine Rede hinter verschlossenen Türen halten. Die traditionelle Erwiderung auf den Hoppeditz hält der neue Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU).

Der Bund Deutscher Karneval (BDK) lädt derweil zur bundesweit ersten digitalen Eröffnung der Session ein - rund um den offiziellen Startschuss um 11.11 Uhr. "Wir wollen in diesen Zeiten trotzdem präsent sein und die Freude in die Wohnzimmer bringen", sagte BDK-Präsident Klaus-Ludwig Fess. Dies sei aber kein Aufruf zum Partymachen: "Die Leute sollen zu Hause bleiben und nicht rausgehen."

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