Karlsruhe/Berlin (dpa) - Nach 14 Monaten ist der Berliner Mietendeckel Geschichte. Laut Bundesverfassungsgericht können Länder in dem Bereich keine eigenen Gesetze erlassen, allein der Bund sei zuständig. Für Kritiker wie Befürworter eine einschneidende Entscheidung, auch für viele Mieter. Gleichzeitig wird der Ruf nach Konsequenzen laut:
AUFATMEN BEI KRITIKERN DES MIETENDECKELS
- „Endlich besteht Rechtssicherheit.“ (Die Vorsitzende der Region Ost des Dachverbands Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA), Stefanie Frensch)
- „Er hat für Unsicherheit auf den Wohnungsmärkten gesorgt, Investitionen ausgebremst und keine einzige neue Wohnung geschaffen.“ (Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) zum Mietendeckel)
- „Der Berliner Senat hat die Mieterinnen und Mieter wider besseren Wissens für ein ideologisches Experiment missbraucht.“ (Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst)
- „Das ist nicht nur ein sehr guter Tag für die Wohnungspolitik und private Vermieter, sondern auch ein sehr guter Tag für Mieter.“(Der Präsident des Eigentümerverbandes Haus & Grund Deutschland, Kai Warnecke)
- „Wir alle wollen, dass es bezahlbaren Wohnraum gibt. Das geht aber nicht durch Deckelung“ (Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU))
ENTTÄUSCHUNG
- „Dass ausgerechnet das einzige Mittel der vergangenen Jahre zur spürbaren Regulierung der Mietenentwicklung gekippt wurde, ist eine wohnungspolitische Katastrophe.“ (Bündnis Berliner Initiativen gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn)
- „Wir bedauern den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts außerordentlich, er ist ein Schlag ins Gesicht nicht nur der Berliner Mieter und Mieterinnen.“ (Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild)
KONSEQUENZEN FÜR MIETER
- „Für die Mieterinnen und Mieter bedeutet dies, dass sie wieder die mit ihren Vermieterinnen und Vermietern auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches vereinbarten Mieten zu entrichten und gegebenenfalls auch die Differenz zwischen der Mietendeckelmiete und der Vertragsmiete nachzuzahlen haben.“ (Berlins Senatsverwaltung für Stadtentwicklung)
- „Leidtragende sind Mieter, denen hohe Nachzahlungen drohen.“ (CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, der Rot-Rot-Grün in Berlin verantwortungslose Politik vorwarf)
- „Bei jetzt fällig werdenden Mietnachzahlungen appellieren wir an alle Marktteilnehmer, sozial verantwortlich zu handeln“. (Der Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Andreas Ibel)
- „Wir haben uns (...) entschieden, keine Mieten nachzufordern, die uns jetzt aufgrund der Entscheidung rechtlich zustehen würden.“ (Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch)
- „Keine Mieterin und kein Mieter der Deutsche Wohnen wird durch die Entscheidung die Wohnung verlieren. Auf den Ausgleich der Außenstände komplett zu verzichten, würde jedoch unseren Verpflichtungen gegenüber dem Unternehmen, seinen Mitarbeitern und Eigentümern nicht gerecht werden.“ (Mitteilung der Deutsche Wohnen SE)
KONSEQUENZEN FÜR DEN WOHNUNGSMARKT
- „Was für viele Mieterinnen und Mieter zunächst eine schlechte Nachricht ist, dürfte aber mittelfristig den Markt entspannen.“ (Immobilienökonom und DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen)
- „Damit gibt es wieder grünes Licht für Investitionen in mehr Neubau, Klimaschutz und generationengerechtes Wohnen.“ (Maren Kern, Vorstand des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen)
FORDERUNGEN
- „Die Entscheidung aus Karlsruhe ist bitter (...), aber sie ist auch ein lauter Weckruf an den Bundesgesetzgeber, endlich zu handeln und die Mietenexplosion in vielen deutschen Städten zu stoppen.“ (Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten)
- „Wir fordern den Bund auf, es den Ländern gesetzlich zu ermöglichen, Mietendeckel einzuführen, um den unterschiedlichen Wohnungsmarktlagen endlich gerecht zu werden.“ (Berlins Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek)
- „Wir fordern die CDU/CSU auf, ihren Widerstand gegen eine wirksame Mietpreisregulierung im Bund einzustellen“. (Bundesfamilienministerin und Berlins SPD-Chefin Franziska Giffey)
- „Wir werden weiter nach kreativen Möglichkeiten suchen und alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um in Berlin die Mieten zu drosseln.“ (Berlins Linke-Vorsitzende Katina Schubert)
BÖRSE
- Vor allem die Aktien des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen mit seinem großen Bestand in Berlin verzeichneten am Donnerstag hohe Kursgewinne, nachdem sie spekulationsgetrieben bereits am Vortag deutlich zugelegt hatten. Andere Immobilienwerte wie Vonovia oder Grand City Properties verteuerten sich ebenfalls.
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