Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:Papst Franziskus lässt verurteilten Kardinal nicht zurücktreten

Der Franzose Philippe Barbarin war wegen Vertuschung zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Der Papst will den Rücktritt aufgrund der Unschuldsvermutung nicht annehmen.

Papst Franziskus hat den Rücktritt des Erzbischofs von Lyon, der in Frankreich wegen Vertuschung von Missbrauch verurteilt wurde, abgelehnt. Kardinal Philippe Barbarin habe sich aber entschieden, sich für eine Zeit zurückzuziehen, und habe den Generalvikar mit der Leitung der Diözese beauftragt, erklärte Vatikan-Sprecher Alessandro Gisotti. Der Papst habe aufgrund der Unschuldsvermutung den Rücktritt nicht annehmen wollen, hieß es in einer Erklärung von Barbarin.

Barbarin ist der höchste katholische Würdenträger Frankreichs. Vergangene Woche wurde er überraschend zu sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt, weil er Fälle sexueller Übergriffe auf Minderjährige nicht angezeigt habe. Er hatte daraufhin angekündigt, ein Rücktrittsgesuch beim Papst einzureichen. Er habe Mitleid mit den mutmaßlichen Opfern und schließe sie in seine Gebete ein, so Barbarin. Neben ihm wurde noch weiteren hohen Kirchenbediensteten in Frankreich Vertuschung vorgeworfen - sie wurden aber freigesprochen. Am Montag traf Barbarin Franziskus zu einer Privataudienz.

Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Georges Pontier, zeigte sich erstaunt über die Entscheidung des Papstes. Das führe zu einer noch nie dagewesenen Situation, sagte Pontier französischen Medienberichten zufolge.

Kardinal Barbarin und anderen Geistlichen wurde in dem Verfahren vorgeworfen, Missbrauchsvorwürfe gegen einen Priester nicht weiter verfolgt zu haben. Dieser soll in den 1980er Jahren Dutzende Kinder sexuell belästigt haben. Die Schuld des Priesters ist bisher nicht rechtskräftig festgestellt worden.

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