Der Kapitän der havarierten Costa Concordia ist für eine Besichtigung erstmals an Bord des Wracks zurückgekehrt. Mehr als zwei Jahre nach der Havarie nahe der italienischen Insel Giglio betrat Francesco Schettino das Schiff, das er im Januar 2012 überstürzt verlassen hatte.
Der mit Lederjacke und Sonnenbrille bekleidete Ex-Kapitän musste sich am engen Kai des Hafens von Giglio einen Weg durch eine Horde von Reportern und Kameraleuten bahnen, bevor er ein Boot der Küstenwache betreten konnte, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Gemeinsam mit Experten wurde er anschließend zu dem wenige hundert Meter vor der Küste liegenden Wrack gefahren. Bei dem Besuch sollten der Notstrom-Generator und ein Fahrstuhl untersucht werden, in dem mehrere Menschen zu Tode kamen.
Die Richter hatten am Dienstag einem Antrag von Schettinos Verteidigung stattgegeben, dem Kapitän die Teilnahme an dem Ortstermin zu ermöglichen. Schettino steht im italienischen Grosseto vor Gericht, weil er sich in der Unglücksnacht falsch verhalten haben soll. Er wird beschuldigt, mit dem Mittelmeerkreuzer zu nah an der Insel vorbeigefahren zu sein. Erst dadurch, so heißt es in der Anklage, sei es überhaupt zur Katastrophe gekommen, bei der 32 der mehr als 4000 Passagiere an Bord ums Leben kamen. Später soll Schettino die Costa noch während der Evakuierung verlassen haben, anstatt sich um die Passagiere zu kümmern. In der Anklage ist von mehrfacher fahrlässiger Tötung, Verursachung von Umweltschäden und Verlassen eines Schiffes in Seenot die Rede.
Gegenüber italienischen Medien verwahrte sich Schettino gegen Berichte, er habe geweint, als er bei seiner Ankunft auf der Insel am Dienstag das Wrack der Costa Concordia gesehen habe. "Man will mich als einen Schwächling hinstellen, wie vor zwei Jahren. So bin ich nicht. Ich will zeigen, dass ich ein Ehrenmann bin und kein Feigling", sagte der ehemalige Kapitän. "Ich bin kein Schwächling, ich will die Wahrheit".
Die Anwälte der Opfer sehen das anders: "Er hätte in der Nacht aufs Schiff zurückkehren sollen, jetzt ist es zu spät", kritisierten sie.
Schon Ende Januar hatte es einen Ortstermin gegeben - damals allerdings ohne Schettino. Noch in diesem Sommer könnte das Wrack abgeschleppt, in seine Einzelteile zerlegt und verschrottet werden.