Versiegelung des Öllecks:Zweite Stufe: Zement

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BP kontrolliert das Ölleck im Golf von Mexiko mit Bohrflüssigkeit. Nun gibt die US-Regierung auch grünes Licht für die endgültige Abdichtung - aber auch das ist nur ein Zwischenschritt.

Christopher Schrader

Für BP war es ein "bedeutender Meilenstein" - eine Erfolgsmeldung, wie der Ölkonzern sie dringend gebraucht hat. Das Unternehmen gab am Mittwoch bekannt, es könne das Öl in der seit April weitgehend ungehemmt sprudelnden Macondo-Quelle im Golf von Mexiko nun mit Hilfe von Bohrflüssigkeit kontrollieren. Die Entwicklung wurde in ersten Reaktionen als wichtiger Zwischenschritt gewertet. Die US-Regierung hat BP nun erlaubt, das Bohrloch mit Zement von oben weiter abzudichten. Diese zweite Stufe der Abdichtung soll noch am heutigen Donnerstag beginnen. Zugleich legte die Regierung einen Bericht vor, wonach drei Viertel des in Rekordmenge ausgetretenen Öls im Wasser keine Gefahr mehr darstellt.

Erfolgreicher "Static Kill": Am Meeresgrund tritt kein Öl mehr aus. (Foto: dpa)

Im Rahmen der Operation "Static Kill" hatten die Spezialisten von BP in der Nacht zu Mittwoch (deutscher Zeit) acht Stunden lang eine Mischung aus Wasser und Ton in die Bohrung gepumpt. Sie hatten damit die Kontrolle über die Quelle zurückgewonnen, so wie sie Fachleute zum Beispiel bei Pausen in der Förderung haben.

"Wir haben die Kurve gekriegt", begrüßte Carol Browner, im Weißen Haus für Energiefragen zuständig, die Meldung im Fernsehsender CNN. Allerdings fehlten noch wichtige Schritte. Endgültig lasse sich die Bohrung nur direkt an der Lagerstätte vier Kilometer unter dem Meeresgrund schließen. "Man will doch sicherstellen, dass die Bohrung tot, tot, tot ist", ergänzte Energieminister Steven Chu in der Washington Post. "Da soll nichts mehr aus dem Grab aufstehen."

"Die Sache ist nicht beendet, bis die Entlastungsbohrung abgeschlossen ist", bestätigte der Leiter des Noteinsatzes im Golf, der Küstenwachen-Admiral Thad Allen. "Der Static Kill erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Entlastungsbohrung zum Erfolg wird." Seit Anfang Mai hat BP zwei unabhängige Kanäle ins Erdreich bei der Macondo-Quelle getrieben. Einer davon ist nur noch etwa 30 Meter von seinem Ziel entfernt. Auch der Ölkonzern nennt diese Bohrungen am Ende seiner Presseerklärung "die endgültige Lösung" - etwas weniger vollmundig formuliert als der Zwischenerfolg.

"Static Kill" war am Dienstag mit Verzögerung angelaufen, weil die BP-Experten zwei kleine Lecks an dem Dreifach-Ventil entdeckt hatten, das seit dem 15. Juli den Fluss von Öl ins Meer verhindert. Die in der Ölarbeiter-Sprache "Mud" (Schlamm) genannte Bohrflüssigkeit ist knapp doppelt so schwer wie Wasser. Dadurch übt sie in entsprechender Menge so viel Druck auf das Öl aus, dass sie dessen Aufwärtsdrang kompensiert. Im nächsten Schritt muss BP eine spezielle Zementmischung in das Loch pressen, um es zu versiegeln.

Mit dem Zugriff von oben können die Ingenieure aber wohl nur das zentrale Förderrohr verschließen. Falls das Öl in der Tiefe auch in den Zwischenraum zwischen diesem Rohr und der Wand des Bohrlochs strömt, könnte es auf halber Strecke in poröses Gestein eindringen und dann mit Verzögerung in die Umwelt gelangen. Nur von der Entlastungsbohrung aus können Bohrteams diesen Zwischenraum zementieren.

Auch wenn das gelingt, sind dennoch fast 780 Millionen Liter Öl in den Golf von Mexiko geflossen - die größte Ölpest aller Zeiten. Davon seien allerdings 74Prozent bereits wieder verschwunden, berichtete am Mittwoch die Meeresbehörde Noaa: Das Öl sei verdunstet, zu Tröpfchen zerschlagen, von Chemikalien aufgelöst, direkt an der Quelle aufgefangen, verbrannt oder abgeschöpft worden. Auch der Rest stelle keine große Gefahr für die Umwelt dar: Dünne Ölfilme auf dem Meer und Schwaden unter Wasser würden sich bald auflösen. "Wir kennen aber noch nicht die ganze Wirkung des Öls auf die Umwelt und die Menschen am Golf", warnte Noaa-Chefin Jane Lubchenco in der New York Times. Wo Jungtiere der Ölpest ausgesetzt waren, könnten sich die Folgen erst innerhalb der nächsten Jahre zeigen.

© SZ vom 05.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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