Kambodscha:Ruhe in Frieden, Heldenratte!

Kambodscha: Ausgezeichneter Geruchssinn: Als die Minensuchratte Magawa im Jahr 2020 in den Ruhestand ging, bekam der Nager zum Dank eine Mini-Tapferkeitsmedaille verliehen.

Ausgezeichneter Geruchssinn: Als die Minensuchratte Magawa im Jahr 2020 in den Ruhestand ging, bekam der Nager zum Dank eine Mini-Tapferkeitsmedaille verliehen.

(Foto: PDSA/AFP)

Die Riesenhamsterratte Magawa war auf den Geruch von Landminen trainiert und hat in Kambodscha viele Menschenleben gerettet. Nachruf auf einen Meisterschnüffler.

Von Arne Perras

Fast ist man versucht zu sagen: Er hat seinen Job wirklich gerne gemacht. Aber das ist natürlich ein gewagter Ansatz, wo Magawa doch eine Ratte war und mit uns Menschen nie über ihre Empfindungen sprechen konnte. Wahr ist: Er schaffte es, in nur 20 Minuten die Fläche eines Tennisplatzes lückenlos abzusuchen. Insofern hat sich Magawa also als hoch motivierter Mitarbeiter einer Minenräum-NGO erwiesen, er brachte offenkundig ein hohes Maß an Belastbarkeit mit und arbeitete effizienter als manch andere vierbeinige Helfer in dieser doch nicht ganz ungefährlichen Branche.

Magawas Ergebnisse sprechen für sich: Mehr als 100 Minen und andere Sprengsätze hat die Riesenhamsterratte in fünf Dienstjahren in der Erdkrume Kambodschas erschnüffelt. Das konnte bisher keine andere Artgenossin für sich beanspruchen. Magawa war wohl das, was man im Leistungssport ein Ausnahmetalent nennen würde. Insofern ist es angebracht, den kleinen Schnüffler hier zu würdigen, jetzt, da er am Ende eines erfüllten Lebens friedlich entschlummert ist.

Geboren wurde Magawa im afrikanischen Tansania, einem der natürlichen Verbreitungsgebiete der Riesenhamsterratte, lateinischer Name: Cricetomys gambianus. Diese Tiere bewohnen gewöhnlich die Savannen südlich der Sahara und sind deutlich größer als die in Europa verbreiteten Hausratten. Samt Schwanz können sie schon mal 70 bis 90 Zentimeter messen. Echte Bomber. Aber viel wichtiger ist: Sie sind sehr gelehrig.

Ein Kilo Körpergewicht - zu leicht, um eine Mine auszulösen

Zu internationalem Ruhm haben es Magawa und seine Artgenossen gebracht, weil sie mit ihrem äußerst feinen Geruchssinn Stoffe riechen, die Menschen ansonsten nur mit weitaus aufwendigeren Methoden aufspüren könnten. Riesenhamsterratten lassen sich beispielsweise darauf trainieren, Tuberkulose in Sekretproben zu identifizieren. Die NGO Apopo setzt die Nager aber auch ein, um Sprengstoffe im Boden zu finden. Und nirgendwo auf der Welt liegen mehr Minen und Bomben herum als in Kambodscha, Relikte des Krieges, man schätzt, dass noch mehrere Millionen im Erdreich stecken, tückische Fallen, die immer noch Menschen verstümmeln oder töten.

Da wird man vermutlich noch viele Artgenossen Magawas ins Feld schicken müssen. Die Ratte kam mit neun Monaten in ihr Einsatzgebiet. TNT schon in kleinsten Mengen zu erschnüffeln, hatte Magawa zuvor in einem Trainingscamp gelernt. Menschlichen Minensuchern, die sich mit Metalldetektoren durchs Gelände arbeiten, war er weit überlegen und mit einem guten Kilo Körpergewicht so leicht, dass er Minen nicht auslösen konnte. Außerdem schlagen Metalldetektoren eben auch auf manches Stückchen Müll an, es häufen sich die Fehlalarme.

Ganz anders die Arbeit mit Magawa. Schnell und punktgenau spürte das Tier das explosive Erbe auf, weil es gelernt hatte, dass es dafür umgehend leckere Belohnungen gab. Nüsse. Bananen. Es lohnte sich, professionell zu schnüffeln.

Kambodscha: Der Leckerli-Trick funktioniert auch bei Hamsterratten: Magawa beim Verzehr des Arbeitslohns.

Der Leckerli-Trick funktioniert auch bei Hamsterratten: Magawa beim Verzehr des Arbeitslohns.

(Foto: PDSA/AFP)

Magawa, Hero Rat. Er hatte sich für ihre Dienste schon 2020 eine Medaille verdient, damals ging er in Ruhestand. Seine Arbeit dürfte zahlreiche Menschenleben gerettet haben, was ihn zu einem außerordentlichen Botschafter seiner Art gemacht hat. Es ist ja nicht so, als genössen Ratten unter Menschen einen tollen Ruf.

Vergangene Woche hatte er noch wie üblich gespielt, hieß es in der Trauermitteilung der NGO Apopo. "Dann wurde er langsam, schlief häufiger und interessierte sich nicht mehr so sehr für Futter."

Am Wochenende schlief Magawa für immer ein. Er wurde acht Jahre alt, bestes Rattenrentenalter.

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