Kälte:Mit 3000 Kerzen gegen den Frost

Kerzen gegen Frostschäden bei Blüten

Romantik? Frostschutz! 3000 riesige Kerzen hat ein Obstbauer aus Baden-Württemberg zwischen seinen Pfirsichbäumen aufgestellt.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Damit seine Pfirsichbäume keinen Kälteschaden erleiden, hat Landwirt Joel Siegel Paraffinkerzen auf seiner Plantage brennen lassen. Eine zündende Idee? Wir haben nachgefragt.

Interview von Hannes Vollmuth

Fast weihnachtlich sieht es aus, was Joel Siegel dieser Tage auf seinen Obstplantagen bei Norsingen in Baden-Württemberg gegen den Frost unternimmt. Mit Tausenden Kerzen will er seine Pfirsich- und Birnbäume vor Minusgraden schützen. Aber von Weihnachtsstimmung kann keine Rede sein.

SZ: Herr Siegel, das sah fast ein wenig besinnlich aus, was Sie da auf Ihren Obstplantagen veranstaltet haben. Kerzen gegen die Kälte.

Joel Siegel: Besinnlich? Wenn Sie meinen. Für uns war das schon das vierte Jahr mit Kerzen, und glauben Sie mir, es macht überhaupt keinen Spaß. Ich muss das machen, sonst geht meine Ernte kaputt.

Was sind denn das für Kerzen? Wahrscheinlich keine, die man im Supermarkt bekommt, oder?

Das sind spezielle Paraffinkerzen, die gibt es bei einem einzigen Hersteller, Rezept geheim. Es geht ja um den Rauch. Der Rauch drückt die kalte Luft nach oben, und dann überleben die Früchte den Frost.

Wie schaffen Sie es, dass die Kerzen nicht ausgehen?

Sie dürfen sich keine normalen Kerzen vorstellen, das sind eher Kerzeneimer. Die kann man auch nicht einfach mit Wasser löschen, die muss man ersticken.

Der österreichische Botaniker Hans Molisch hat schon Ende des 19. Jahrhunderts mit Kerzen und Pflanzen experimentiert, nachzulesen in seinem Standardwerk "Pflanzenphysiologie". Wie kamen Sie auf die Technik?

Ich habe früher in Südfrankreich gearbeitet, da hat man Kerzen im Weinberg angezündet, um die Reben im Frühjahr vor Frost zu schützen. Oder feuchtes Stroh. Oder alte Autoreifen.

Siegel

Joel Siegel, 38, führt als Obstbautechniker das "Obstgut Siegel" im normalerweise sehr warmen Markgräflerland zehn Kilometer südlich von Freiburg.

(Foto: oh)

Alte Autoreifen? Ist das noch bio?

Das hat doch die Leute früher nicht interessiert. Die wollten, dass ihre Pflanzen überleben und nicht am Frost zugrunde gehen.

Manche sprühen extra Wasser auf ihre Pflanzen, die sogenannte Eispanzermethode. Andere wirbeln mit Hubschraubern die kalte Luft am Boden auf.

Beides ist bei uns nicht möglich. Unsere Pfirsichbäume sind wasserempfindlich. Und einen Hubschrauber haben wir nicht.

Was kostet Ihre Methode eigentlich?

Wir haben letzte Nacht 3000 Kerzen angezündet, macht 1000 Euro pro Hektar, und wir haben 15 Hektar. Bei Frost steht also unsere Existenz auf dem Spiel.

Finden Sie wenigstens das Bild von Ihrem Kerzenfeld gelungen?

Ich hab's noch nicht gesehen. Aber nach Romantik ist mir gerade nicht zumute.

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