Käferplage an der Ostsee:Käfer statt Kohle

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Millionen Marienkäfer verpesten das Geschäft mit den Sommerurlaubern an der Ostsee. Ein Anruf bei Strandkorbbesitzer Gerhard Fritz aus Warnemünde.

Unmengen von Marienkäfern haben sich an der Küste breitgemacht. Sie bevölkern die Lübecker Bucht, Mecklenburg-Vorpommerns Küste, und auch in Hamburg beginnt das große Krabbeln. Die milden Temperaturen im Frühjahr und die feuchte Luft haben nach Auskunft des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) dazu beigetragen, dass sich erst die Vegetation, dann die Blattläuse und am Ende die Käfer prächtig entwickeln konnten. Auf der Suche nach Nahrung steigen diese in Schwärmen auf, die typischen ablandigen Winde an der Küste treiben sie an den Uferbereich. Dort sammeln sich die Nichtschwimmer und ärgern zum Beispiel Strandkorbvermieter Gerhard Fritz aus Warnemünde.

Käferplage am Strand und auch an den Strandkörben. Für die Strandkorbvermieter bedeutet das einen satten Verlust. (Foto: Foto: dpa)

SZ: Wie ist die Stimmung bei Ihnen in Warnemünde, Herr Fritz?

Gerhard Fritz: Langsam wird's besser. Gestern war meine Laune am Boden. Da waren die Körbe zu 50 Prozent belegt - mit Marienkäfern! Ich habe anderthalb Stunden gebraucht, um 30 von unseren 210 Körben freizufegen, und direkt sind die wieder aus den Ritzen gekrochen. Dort, wo es besonders warm war, saßen besonders viele. Die haben sich gesonnt, die Viecher!

SZ: Was sagen Ihre Gäste dazu?

Fritz:Die kommen nach zehn Minuten wieder und wollen ihr Geld zurück. In so einen Strandkorb will sich natürlich keiner setzen, und das in der Haupturlaubszeit. Da machen wir unser Geschäft. Zum Glück sind die Marienkäfer im Abflug.

SZ:Meteorologen schätzen, dass die Marienkäfer in den nächsten Tagen zurückkommen, weil dann der Wind wieder auf Südost dreht.

Fritz: Bitte nicht! Die sind ja nicht nur an meinem Strandabschnitt, sondern auch überall im Ort. Wir öffnen unsere Fenster schon gar nicht mehr, weil da ganze Käferwolken herumschwirren. Ich kann mir gar nicht erklären, wie es zu solchen Massen kommen kann, aber ich bin da auch kein Experte. Ab und zu kommen auch mal Schwebfliegen vorbei. Die sind auch nicht besonders schön, aber das sind nicht gleich Millionen.

SZ: Die Marienkäfer sollen auf der Suche nach neuen Blattläusen sein.

Fritz: Bei mir am Strand gibt es keine Läuse! Das ist alles gepflegt und sauber, das schätzen unsere Gäste sehr. Zu uns kommen auch Filmschauspieler und andere Prominenz, in Rostock legen ja die Kreuzfahrtschiffe an. Wir haben Gäste, die mieten sich Körbe für die ganze Saison, so toll finden sie die Mecklenburger Bucht. Das mit den Marienkäfern sehen die lockerer, dann machen die eben einen Tagesausflug woanders hin. Das ist die Natur, damit muss man leben. Und irgendwann ist es ja auch wieder vorbei.

SZ:Vielleicht bekommen Sie nun noch mehr Kunden. Da sind doch bestimmt eine Menge Schaulustige angereist.

Fritz: Das hält sich doch sehr in Grenzen. Einen Käfer finden die Leute ja schön, zwei auch, aber nicht Millionen. So viel Glück können wir gar nicht gebrauchen, wie Marienkäfer da waren.

SZ:Es heißt, sie beißen.

Fritz: Habe ich noch nicht gemerkt, vielleicht ist meine Haut dicker. Aber ich habe schon viele Strandbesucher gesehen, die wild um sich schlagen. Das ist auch nicht schön, wenn die Tiere zu Massen auf einem landen - auf der Haut und besonders auf bunter Kleidung. Weiß ist schlimm, Orange und vor allem Gelb, da denken die Käfer gleich an Blumen. Aber ich sage Ihnen mal, was eine viel größere Plage ist: der Wetterbericht.

SZ: Wieso das denn?

Fritz: Von den Wetterdiensten wird ständig angesagt, dass es hier regnen wird, vor allem am Wochenende. Das mag ja vielleicht für Rostock gelten, aber ganz sicher nicht für Warnemünde. Wir hatten ein Superwetter in den letzten Tagen, wir liegen hier oben wohl in einer Wetterschneise. Aber das können die Experten von Potsdam und Hamburg aus natürlich nicht sehen. Obwohl ich mich jetzt eigentlich über Regen freuen würde, dann wären die Käfer endlich weg.

Interview: Claudia Fromme

© SZ vom 30.07.2009 /abis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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