Verteidigung im Kachelmann-Prozess:Alles ganz anders

"Du hast mich vernichtet, also vernichte ich dich" - mit diesem Satz lässt sich nach Meinung der Verteidigung das Motiv der Ex-Geliebten von Jörg Kachelmann zusammenfassen. Die Frau habe aus Rache und Hass gehandelt und gezielt falsche Anschuldigungen erhoben. In einem dreistündigen Plädoyer zerpflücken die beiden Anwälte des Wettermoderators den Vorwurf der Vergewaltigung.

Hans Holzhaider, Mannheim

Der Wettermoderator Jörg Kachelmann ist kein Vergewaltiger, sondern das Opfer des Rachedurstes einer betrogenen Frau - davon sind jedenfalls seine Verteidiger Andrea Combé und Johann Schwenn überzeugt. Sie beantragten, Kachelmann freizusprechen und ihn für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen. Kachelmann, der einen außerordentlich gut gelaunten Eindruck machte, verzichtete auf ein Schlusswort.

Kachelmann Prozess

Freispruch und Haftentschädigung lautet das Plädoyer der Verteidigung im Kachelmann-Prozess Im Bild: Der ehemalige Wettermoderator mit seinen Anwälten Johann Schwenn (li.) und Andrea Combe (re.).

(Foto: dpa)

In einem dreistündigen Plädoyer zerpflückte die Heidelberger Rechtsanwältin Combé Punkt für Punkt die Anklage, die Kachelmann vorwirft, er habe in der Nacht vom 8. zum 9. Februar 2010 die 38-jährige Claudia D. mit einem Messer bedroht und zum Geschlechtsverkehr gezwungen, nachdem diese ihn wegen der Beziehung zu einer anderen Frau zur Rede gestellt hatte.

"Die Nebenklägerin belastet Herrn Kachelmann bewusst mit der angeblichen Vergewaltigung", sagte Combé. Ihre Motive seien Rache und Hass, weil Kachelmann sie, nachdem er seine Untreue eingeräumt hatte, verlassen habe. "Sie hatte nie damit gerechnet, dass er einfach aufsteht und geht und sie zurücklässt wie ein Stück Dreck", sagte Combé. Claudia D. habe nach dem Prinzip gehandelt: "Du hast mich vernichtet, also vernichte ich dich."

Typische Aussage-gegen-Aussage-Konstellation

Die Ausgangslage in dem Prozess, der nun nach 43 Verhandlungstagen seinem Ende entgegengeht, sei eine "typische Aussage-gegen-Aussage-Konstellation" gewesen, sagte die Anwältin. Weder die sichergestellten Gegenstände noch die Zeugenaussagen und die Gutachten der Sachverständigen hätten aber einen Beweis für die Richtigkeit der Beschuldigung ergeben.

Dagegen gebe es mehrere Indizien dafür, dass die angebliche Vergewaltigung sich nicht so zugetragen haben könne, wie Claudia D. es geschildert hatte. Das Messer, das Kachelmann der Frau während der Vergewaltigung an den Hals gepresst haben soll, sei eindeutig als Tatwerkzeug auszuschließen, weil an der Klinge keine DNS-Spuren der Nebenklägerin gefunden wurden.

Dass Kachelmann selbst solche Spuren durch Abwischen beseitigt habe, wie die Staatsanwaltschaft vorgetragen hatte, sei unmöglich. Combé erinnerte an die Aussage eines Gerichtsmediziners, dass Hautzellen "wie Pech" an einem Gegenstand kleben. "Das ist, als würde ein Chirurg sein Messer einfach abwischen und dann behaupten, es sei steril", sagte Combé.

Auch dass sich am Saum des Strickkleides und am Bund des Slips der Nebenklägerin keine DNS-Spuren Kachelmanns fanden, widerlege die Darstellung der Frau. Nicht plausibel sei auch die Aussage der Frau, dass sie nicht mitbekommen habe, was die Blutergüsse an ihren Oberschenkeln verursacht habe, obwohl das mit erheblichen Schmerzen verbunden gewesen sein müsse.

Kaltschnäuzigkeit und schauspielerisches Talent

Dass Claudia D. zu einer falschen Beschuldigung in der Lage sei, ergebe sich schon daraus, dass sie sowohl Polizei und Staatsanwälte als auch ihre Eltern und ihren Therapeuten über die Vorgeschichte der angeblichen Vergewaltigung belogen habe. Sie habe auch auf eindringliche Vorhalte an ihren Lügen festgehalten und auch erfahrene Kriminalbeamte getäuscht, sagte Combé. Daran zeige sich "eindrucksvoll ihre Kaltschnäuzigkeit und ihr schauspielerisches Talent".

Sie habe deutlich gezeigt, "dass sie Lügen erfinden und nachdrücklich aufrechterhalten kann", sagte Combé. Deshalb sei sie auch in der Lage, "aus tiefgreifender Verletztheit eine falsche Beschuldigung zu erheben". Einem Beschuldigten, der sich so verhielte, "würde man eine hohe kriminelle Energie bescheinigen".

Verteidiger Schwenn wirft Staatsanwaltschaft "Tunnelblick" vor

Der Hamburger Anwalt Johann Schwenn beschäftigte sich in seinem Plädoyer kaum noch mit der Frage nach Schuld oder Unschuld Kachelmanns, sondern richtete schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft, die einseitig und voreingenommen ausschließlich zu Lasten des Angeklagten ermittelt habe.

Die Spuren hätten von Anfang an "nicht das Geringste gegen den Angeklagten hergegeben", sagte Schwenn. Die Staatsanwaltschaft sei blind für diese Beweislage gewesen und habe ihre Ermittlungen mit einem "Tunnelblick auf das Ziel geführt, den Angeklagten so lange wie möglich hinter Gitter zu bringen" und damit "ein von unserem Rechtssystem weit entferntes Bild von der Rolle der Staatsanwaltschaft" abgegeben.

Schwenn mahnte das Gericht, sich nicht als "Rächer enttäuschter Frauen" zu verstehen und appellierte an die beiden Schöffen, sich ihrer Macht als Minderheit bewusst zu sein. Für eine Verurteilung müsste mindestens einer der Schöffen mit den drei Berufsrichtern stimmen.

Das Urteil soll am 31. Mai verkündet werden.

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