Kachelmann-Prozess:Hämatome und ihre Formen

Der Kachelmann-Prozess tritt in eine neue Phase: Zum ersten Mal wird verhandelt, ob die Verletzungen von Claudia D. durch eine Vergewaltigung entstanden - oder, ob sie sich die blauen Flecken vielleicht selbst zufügte.

H. Holzhaider

Mit der Anhörung des Rechtsmediziners Bernd Brinkmann hat der Prozess gegen den ehemaligen Wettermoderator Jörg Kachelmann am Montag ein neues Stadium erreicht. Zum ersten Mal geht es jetzt um die Frage, ob es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass Kachelmann seine langjährige Geliebte Claudia D. vergewaltigt hat oder ob diese ihn falsch beschuldigt.

Fortsetzung im Kachelmann-Prozess

Blickt in eine ungewisse Zukunft: Der wegen Vergewaltigungsverdacht angeklagte TV-Moderator Jörg  Kachelmann.

(Foto: dapd)

Brinkmann, emeritierter Professor für Rechtsmedizin an der Universität Münster, hatte im Auftrag von Kachelmanns früherem Verteidiger Reinhard Birkenstock Fotos von den Verletzungen begutachtet, die Claudia D. nach ihren Angaben bei der Vergewaltigung erlitten hatte. In eigenen Experimenten versuchte Brinkmann Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob sich das mutmaßliche Opfer diese Verletzungen selbst beigebracht haben könnte.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hatte das Gericht Brinkmann allerdings wegen der Besorgnis der Befangenheit als Sachverständigen abgelehnt. Er wurde jetzt als sachverständiger Zeuge vernommen. Das bedeutet, dass Brinkmann lediglich über seine tatsächlichen Wahrnehmungen berichten durfte, nicht aber über die Schlussfolgerungen, die er daraus gezogen hat.

Bei den Verletzungen, die am Tag nach der behaupteten Vergewaltigung am Institut für Gerichtsmedizin in Heidelberg festgestellt wurden, handelt es sich um eine längliche Schürfwunde am Hals, diverse Kratzer am Bauch und an den Unterarmen sowie um zwei Hämatome an den Innenseiten der Oberschenkel jeweils kurz über dem Knie.

Was verrät der Rand eines Hämatoms?

Die Verletzung am Hals entstand nach den Angaben der Nebenklägerin durch das Aufdrücken eines Küchenmessers. Die Hämatome, von denen Claudia D. selbst gar nichts bemerkt haben will, könnten dadurch entstanden sein, dass der Täter die Oberschenkel des Opfers mit den Knien gewaltsam auseinanderdrückte. Eine Gynäkologin, die Claudia D. als Erste untersucht hatte, hatte ausgesagt, sie habe solche Verletzungen schon einmal bei einem Vergewaltigungsopfer gesehen.

Brinkmann schilderte, wie er sich ein der angeblichen Tatwaffe ähnliches Messer selbst mit erheblicher Kraft sowohl mit der Schneide wie mit dem Messerrücken auf den Oberarm gedrückt habe. Die dabei entstandenen Verletzungen sahen denen, die bei Claudia D. festgestellt wurden, nicht sehr ähnlich.

Nicht erörtert wurde, inwieweit die Haut am Arm eines 70-jährigen Mannes genauso reagiert wie die Haut am Hals einer 37-jährigen Frau. Aufschlussreicher waren Brinkmanns Aussagen über die Form der Hämatome an den Oberschenkeln. Sie hätten Ausbuchtungen gezeigt, wie sie der Gerichtsmediziner häufig bei Kindesmisshandlungen durch Faustschläge vorfinde, sagte Brinkmann. Knie würden dagegen eher glattrandige Hämatome verursachen.

Welche Folgerungen sich daraus ziehen lassen, wird erst am nächsten Verhandlungstag erörtert werden, wenn der Heidelberger Gerichtsmediziner Rainer Mattern sein Gutachten erstattet. Er hatte Claudia D. untersucht, nachdem sie die Vergewaltigung angezeigt hatte. Soweit bekannt ist, hat sich Mattern bisher nicht festgelegt, ob die Verletzungen durch Selbst- oder durch Fremdeinwirkungen entstanden sein könnten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: