Prozess gegen Wettermoderator:Kachelmann wechselt den Anwalt

Überraschung im Kachelmann-Prozess: Reinhard Birkenstock ist nicht länger Verteidiger des wegen Vergewaltigung angeklagten Wettermoderators. Anwalt und Angeklagter schweigen zu den Beweggründen.

Hans Holzhaider

Der Zeitpunkt der Nachricht war jedenfalls professionell gewählt: Drei Minuten nach Beginn der Tagesschau lief die Meldung der Nachrichtenagentur dapd, dass der Hauptverteidiger des ehemaligen TV-Wettermoderators Jörg Kachelmann, der Kölner Anwalt Reinhard Birkenstock, "nicht mehr der Verteidiger von Jörg Kachelmann" sei. Vier Minuten später zog die Deutsche Presseagentur nach. An Spärlichkeit war die Meldung kaum zu unterbieten. Sie berief sich auf eine fünfzeilige Pressemitteilung Birkenstocks: "Ich habe der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Mannheim heute mitgeteilt, dass ich nicht mehr der Verteidiger des Herrn Kachelmann bin. Aus berufsrechtlichen und prozessualen Gründen stehe ich deshalb zu keiner weiteren Auskunft in dieser Sache mehr zur Verfügung."

Kachelmann-Anwalt legt Mandat nieder

Ist nicht länger Anwalt von Jörg Kachelmann: Strafverteidiger Reinhard Birkenstock.

(Foto: dpa)

Die Nachricht ist, wie man so sagt, ein Hammer. Seit Kachelmanns Festnahme im März hat Reinhard Birkenstock den Schweizer Wettermoderator vertreten, er war sozusagen sein Leib- und Magenanwalt. Birkenstock, ein nach außen hin jovialer, aber durch und durch gewiefter Anwalt, hatte ein zumindest dem Anschein nach sehr persönliches Verhältnis zu Kachelmann aufgebaut, der sich nach seiner Rückkehr von den Olympischen Winterspielen in Vancouver unvermittelt mit einer Anklage wegen Vergewaltigung seiner langjährigen Geliebten Claudia D. konfrontiert sah. Birkenstocks Gattin ließ sich bei Gericht als "persönliche Betreuerin" Kachelmanns akkreditieren, ohne näher zu spezifizieren, was damit gemeint sei. Birkenstock war durchaus nicht glücklos in der Wahrnehmung der Rechte seines Mandanten. Er holte jedenfalls in dem Karlsruher Anwalt Klaus Schroth einen Spezialisten ins Boot, dem es gelang, beim Oberlandesgericht Karlsruhe die Aufhebung des Haftbefehls gegen Kachelmann zu erwirken, sodass dieser nun seinem Prozess zumindest als freier Mann beiwohnen kann.

Ob der Prozess bisher günstig für Kachelmann lief, ist schwer zu beurteilen, weil das Verfahren weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Insbesondere ist über die Aussage des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers, die sich über vier Tage hinzog, nahezu nichts bekannt - beide Seiten, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, gaben sich danach optimistisch.

Warum Kachelmann und Birkenstock sich nun trennen, bleibt vorerst ungewiss. Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker will jedenfalls um nichts in der Welt mitteilen, ob die Trennung von Kachelmann oder von Birkenstock ausging. Der neue Verteidiger jedenfalls, das ist offiziell, ist Johann Schwenn, ein Anwalt aus Hamburg, dem ein Ruf wie Donnerhall vorauseilt - er hat den DDR-Spionagechef Markus Wolf ebenso vertreten wie den DDR-Liedermacher Wolf Biermann, er war für Gregor Gysi tätig und für den VW-Betriebratschef Klaus Volkert. Der wackere Klaus Schroth, der Kachelmann aus dem Gefängnis geholt hat, ist laut Höcker auch nicht mehr mit von der Partie.

Welche Auswirkungen der Verteidigerwechsel auf den Fortgang des Prozesses hat, ist ungewiss. Üblicherweise benötigt ein neuer Anwalt einige Zeit zum Aktenstudium. Es könnte, muss aber nicht, bedeuten, dass der Prozess platzt.

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