Kachelmann in U-Haft:Verdacht auf Vergewaltigung

Lesezeit: 3 min

Jörg Kachelmann sitzt in Untersuchungshaft. Deutschlands prominentester Wettermoderator soll nach einem Streit seine ehemalige Freundin vergewaltigt haben.

Bernd Dörries und Christopher Keil

Man könnte sie jetzt natürlich alle verwenden, die Bilder, mit denen Jörg Kachelmann auch sein Geld verdient. Die schwarzen Wolken, das drohende Unwetter, der Sturm, der nun aufzieht über dem Leben Kachelmanns. Man kann es aber auch ganz sachlich formulieren, so, wie es die Staatsanwaltschaft Mannheim an diesem Montag tat: 51-jähriger Moderator wegen des Verdachts der Vergewaltigung seiner langjährigen Freundin verhaftet.

Am Samstagmorgen vergangener Woche ist Jörg Kachelmann am Frankfurter Flughafen festgenommen worden. Er sitzt nun in einer Zwei-Personen-Zelle im Mannheimer Untersuchungsgefängnis.

Wetternachrichten als Unterhaltungsformat

Kachelmann war gerade aus Vancouver zurückgekehrt, wo er für die ARD das Olympiawetter gemacht, über die Aussichten auf Schnee und Medaillen gesprochen hat und auch viel über sich selbst. Wenn er nicht live zu sehen war, hat er kleine Nachrichten verschickt über den Twitterdienst: "Ab Mittwoch viel Sonne für mehrere Tage, natürlich auch dank Ihren Gebührengeldern, in diesem Sinne vielen Dank dafür!"

Jörg Kachelmann ist immer sehr lebensbejahend, auch wenn das Wetter schlecht ist. Er hat aus den Wetternachrichten eine Unterhaltungsform gemacht, er hat die Vorhersagen privatisiert, die davor in der Hand der Beamten waren und ein schönes Geschäft daraus gemacht. Wenn es um Sonne oder Regen geht, ist man sofort bei ihm. Mit seiner Firma Meteomedia ist er eine Art Guido Knopp des Wetters geworden.

Vor Kachelmann, einem in Deutschland geborenen Schweizer, war das Verweisen auf anstehende Hochs und Tiefs eine hochseriöse Angelegenheit. Beherrschte Männer wie Uwe Wesp trugen Fliege und ernste Miene noch zu den tiefsten Tiefausläufern. Kachelmann hat den Wetterbericht ins Comedy-Genre gezogen, indem er Naturphänomene verputzigte ("da kommt ein Tief reingekringelt").

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Was die Staatsanwaltschaft denkt und wie Kachelmann die Wetternachrichten revolutionierte.

Es hat sich nicht sehr viel verändert in all der Zeit, die er auf Sendung ist, auch wenn er seine Haare und den Bart nun länger trägt. Er redet und redet, genau so viel und so gerne wie früher. Er tat niemandem weh, selbst, wenn er Blitz und Donner versprach.

Die Staatsanwaltschaft Mannheim glaubt nun, dass es richtig dunkle Seiten gibt im Leben von Jörg Kachelmann. Im Februar bereits habe die frühere Freundin Anzeige erstattet, weil Kachelmann sie "nach einem vorangegangenen Beziehungsstreit in ihrer Wohnung gewaltsam zum Geschlechtsverkehr" gezwungen habe. "Die Vorwürfe sind falsch und frei erfunden", sagte Kachelmanns Anwalt Ralf Höcker aus Köln.

Die Justizbeamten haben eine andere Perspektive und ließen Kachelmann festnehmen, weil er in Deutschland keinen festen Wohnsitz habe. Zumindest war er nicht gemeldet. Viele Jahre lang soll er allerdings mit seiner Freundin in Schwetzingen gewohnt haben, günstig gelegen an der Autobahn zwischen den ARD-Studios Stuttgart, Mainz und Baden-Baden, für die er tätig war.

Blickfang vor der Tagesschau

Kachelmanns berufliche Heimat ist die ARD, für die er seit 1992, seit dem Start des Frühstücksfernsehens im Ersten, auf vielfältige Weise tätig ist. Kachelmann sprach zu den Schaubildern frei, seine Heiterkeitsoffensive veränderte die Präsentation von Regen- und Sonnenwahrscheinlichkeiten wie nichts davor und nichts danach. In der ARD wollte sich am Montag niemand zum Geschäftspartner äußern. Eine Landesrundfunkanstalt verwies auf die andere. Am Dienstag hätte Kachelmann wieder auftreten sollen, so viel traut sich der SWR zu erklären. Er wird nun von einem Mitarbeiter seines Unternehmens Meteomedia ersetzt werden.

Bereits 1994 wurde der Weatherman (so heißt ein Unternehmenszweig) Blickfang vor der Tagesschau, und schon damals begann die geschäftliche Partnerschaft zwischen der öffentlich-rechtlichen ARD und Kachelmanns Meteomedia AG. Der 1990 gegründete Wetterdienst hat sich inzwischen in eine Firmengruppe verwandelt mit ungefähr 100 Mitarbeitern und Niederlassungen in Deutschland, der Schweiz, Kanada und den USA. Herzstück ist das engmaschige private Wetterstationsmessnetz mit beinahe 800 Einheiten. Kachelmann, der sich gerne salopp kleidet und salopp formuliert, ist größter Konkurrent des Deutschen Wetterdienstes DWD.

Nur ein Missverständnis?

Als ihm der Mitteldeutsche Rundfunk 1997 die Präsentation der Talkshow Riverboat anbot, vollzog Kachelmann konsequent den Wandel zum Entertainer. Mit kurzer Unterbrechung blieb er mit dem Riverboat und mit wechselnden Partnern bis 2009 auf Sendung.

Mit dem Wetter als Geschäftsgrundlage blieb Kachelmann bis heute erfolgreich. Nur sein 1996 gegründeter Wetterkanal war schon 1998 mit etwa sieben Millionen Euro verschuldet und musste eingestellt werden. Die meisten Versuche als Showmaster im Schweizer Fernsehen und im deutschen TV scheiterten, die Neuauflage der einst von Hans Joachim Kulenkampff geleiteten Quizsendung Einer wird gewinnen überstand die dritte Folge, dann gab Kachelmann auf.

Nun muss er, Sohn eines Eisenbahners, um seine Unschuld kämpfen. Stephanie Schloß, Pressesprecherin von Meteomedia, sagte: "Wir halten es für ein Missverständnis, welches sich aufklären wird."

© SZ vom 23.03.2010/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: