Sommerfest der SPD:Knock-out

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Entsetzen nach einer Feier der SPD mit Bundeskanzler Olaf Scholz und tausend Geladenen im Berliner Tiergarten: Mindestens neun Gäste glauben, dass sie mit K.-o.-Tropfen angegriffen worden sind.

Von Roland Preuß, Berlin

Es sollte ein Sommerfest werden, ein lockerer Abend der SPD-Parlamentarier und ihrer Gäste im Berliner Tiergarten. Doch die Feier der SPD-Bundestagsfraktion in der Nähe des Kanzleramtes nahm für mehrere Beteiligte einen schlimmen Verlauf, die Berliner Kriminalpolizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. Laut einem Sprecher der SPD-Fraktion haben sich inzwischen neun Besucher der Feier gemeldet, die offenbar mit sogenannten K.-o.-Tropfen angegriffen wurden. Entgegen ersten Berichten seien nicht nur Frauen darunter, sagte der Sprecher am Sonntag auf Anfrage. In einem Fall sei inzwischen durch medizinische Untersuchungen bestätigt, dass die Teilnehmerin mit K.-o.-Tropfen attackiert worden sei.

Zuerst hatte eine 21-jährige Frau nach der Teilnahme an dem Fest über Unwohlsein, Schwindel und Gedächtnisverlust geklagt. Die Frau hatte am Mittwoch laut Polizei nachmittags und abends auf der Party mit rund 1000 Gästen gegessen und getrunken, aber keinen Alkohol konsumiert. Von etwa 21.30 Uhr an sei ihr unwohl und schwindelig geworden. Am Morgen danach habe sie sich nicht mehr an den Abend erinnern können. Sie habe sich im Krankenhaus untersuchen lassen und die Polizei eingeschaltet. Diese veranlasste nach eigenen Angaben eine Blutentnahme und eine toxikologische Untersuchung.

"Es macht mich wütend, dass so etwas auf einer Veranstaltung der SPD passieren konnte."

Allein bis Samstagmorgen waren der Polizei vier weitere Fälle mit ähnlichen Symptomen bekannt geworden. Ermittelt werde gegen unbekannt. Die SPD hatte sich bereits am Freitag entsetzt geäußert. "Dies ist ein ungeheuerlicher Vorgang, der unsererseits sofort bei der Bundestagspolizei gemeldet wurde", hieß es in einem Schreiben von SPD-Fraktionsgeschäftsführer Mathias Martin an alle Abgeordneten und deren Mitarbeiter. Er empfahl Betroffenen eine sofortige Anzeige bei der Polizei. Am Samstag antwortete ein Sprecher der SPD-Fraktion auf die Frage, ob die betroffenen Frauen womöglich Opfer weiterer Straftaten wie etwa Diebstahl geworden seien: "Uns ist nicht bekannt, dass es noch zu weiteren Straftaten kam." Auch die Polizeisprecherin sagte, es gebe keine Erkenntnisse über weitere Straftaten, auch nicht zu etwaigen sexuellen Übergriffen.

SPD-Chef Lars Klingbeil äußerte die Hoffnung, dass der oder die Täter ausgemacht und zur Rechenschaft gezogen werden. Die Fraktionsführung kooperiere als Veranstalter des Festes mit den Sicherheitsbehörden, sagte Klingbeil dem Fernsehsender Welt. "Wir werden jetzt alles auswerten, was an Informationen vorliegt." Der SPD-Fraktion waren jedoch bis Sonntag keine Hinweise von Teilnehmern des Fests auf mögliche Täter bekannt, wie ein Sprecher sagte.

Lars Klingbeil zeigte sich schockiert über die mutmaßlichen Vorfälle. "Es macht mich wütend, dass so etwas auf einer Veranstaltung der SPD passieren konnte." K.-o.-Tropfen sind Drogen, die Opfer betäuben oder wehrlos machen und zu Gedächtnisverlust führen. Die Ermittlungen in solchen Fällen gelten als schwierig, weil sich Opfer oft nicht an das Geschehen erinnern. Zu dem Sommerfest war am Mittwoch neben SPD-Abgeordneten und deren Mitarbeitern auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gekommen.

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