JVA Plötzensee:Behrendt: In Plötzensee kann nicht "jeder raus und rein, wie er will"

Dirk Behrendt

Justizsenator Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) hatte keinen guten Jahresbeginn. Er muss mehrere geflohene Gefangene aus der JVA Plötzensee wieder finden.

(Foto: dpa)
  • Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) sieht die Flucht von mehreren Häftlingen aus der JVA Plötzensee auch in der "angespannten Personalsituation" begründet.
  • Einen Rücktritt von seinem Posten lehnt er ab.
  • Er will, dass der Ausbruch der Häftlinge in der gechlossenen Abteilung und das Wegbleiben der Männer im öffenen Vollzug unterschiedlich bewertet werden.

Von Hannah Beitzer, Berlin

Der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hat nach der Flucht von vier Gefangenen aus dem geschlossenen und fünf Männern aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt Plötzensee einen Rücktritt abgelehnt. "Das war kein schöner Jahresbeginn für mich", sagte er. Dennoch: Die Frage nach einem Rücktritt "bewegt mich derzeit nicht".

Abgeordnete der Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus, aber auch Politiker der mit den Grünen regierenden SPD hatten den Justizsenator zuvor scharf für seinen Umgang mit den Ausbrüchen kritisiert.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, Florian Graf, sprach von einem "einmaligen politischen Skandal". Der Senator kümmere sich nicht um den Strafvollzug und habe seinen Laden nicht im Griff. Statt die Öffentlichkeit zu informieren, tauche der Grünen-Politiker tagelang ab, bemängelte Graf in der RBB-Abendschau. Der FDP-Innenexperte Marcel Luthe erklärte, Behrendt müsse die Verantwortung dafür übernehmen, dass die JVA Plötzensee ein "Haus der offenen Tür" sei.

"Beim offenen Vollzug steht die Resozialisierung im Vordergrund", sagt Behrendt

Behrendt sagte, er bedauere, dass in den vergangenen Tagen der Eindruck entstanden sei, in Plötzensee könne "jeder raus und rein, wie er will". Das sei nicht der Fall. Es sei wichtig, die einzelnen Fälle unterschiedlich zu bewerten.

Die vier Strafgefangenen, die aus dem geschlossenen Vollzug entkommen waren, hatten mit einem Hammer und einem Winkelschleifer ein Loch in die Wand des Gefängnisses geschlagen. "Wir haben schmerzlich erfahren, dass es eine Schwachstelle gab", sagte Behrendt. Noch in dieser Woche werde eine externe Kommission eingesetzt, um die Ursachen aufzuklären. Zudem beginne eine Schwachstellenanalyse durch ein Sicherheitsbüro noch im Januar.

Die "angespannte Personalsituation" in der Justizvollzugsanstalt solle sich binnen zwei Jahren verbessern. Derartige Ausbrüche sind selten, in Berlin gelang zuletzt 2014 zwei Männern eine spektakuläre Flucht aus dem Gefängnis in Moabit. Drei der Ausbrecher aus Plötzensee haben sich inzwischen gestellt, einer ist noch auf der Flucht.

Wegbleiben aus offenem Vollzug häufiger

Anders verhalte es sich mit den fünf Männern, die aus dem offenen Vollzug "entwichen" sind, wie es im Amtsjargon heißt. Das komme anders als die Ausbrüche aus dem geschlossenen Vollzug häufiger vor. 2017 waren es der Senatsverwaltung zufolge 42 Fälle, im Jahr zuvor 43 Fälle.

Die Sicherheitsvorkehrungen im offenen Vollzug seien niedriger, erklärte Behrendt. Es gebe nicht einmal Gitter vor den Fenstern, statt hoher Mauern schützten gewöhnliche Zäune das Gelände. Dies sei vom Gesetzgeber so gewollt, sagte Behrendt: "Beim offenen Vollzug steht die Resozialisierung im Vordergrund."

Die Männer etwa, die nun entkommen seien, waren lediglich deshalb zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil sie versäumt hätten, Geldstrafen zu bezahlen. Einer von ihnen sei freiwillig in die Anstalt zurückgekehrt. Einen anderen Mann verhaftete die Polizei am Dienstagabend in seiner Wohnung. Nach den Vorfällen der vergangenen Tage seien jedoch einzelne Männer vom offenen in den geschlossenen Vollzug verlegt und mehr Personal eingesetzt worden.

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