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Justiz - Schwerin:AfD beantragt Ausscheiden von Borchardt - Linke wehrt sich

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Schwerin (dpa/mv) - Die AfD will ein Ausscheiden der umstrittenen Landesverfassungsrichterin Barbara Borchardt (Linke) aus dem Verfassungsgericht erwirken. In der Landtagssitzung kommende Woche werde die AfD-Fraktion einen Dringlichkeitsantrag einbringen, erklärte der Fraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer am Donnerstag. Borchardt war am 15. Mai im Landtag im zweiten Anlauf mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt worden.

Als bekannt wurde, dass sie Mitglied einer vom Verfassungsschutz im Bund beobachteten Gruppierung ihrer Partei, der Antikapitalistischen Linken, ist und das auch bleiben will, gab es bundesweit Kritik. Die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer bedauerte, dass Borchardt von CDU-Abgeordneten im Landtag mitgewählt worden war.

Die auch in der Landes-CDU umstrittene Wahl Borchardts habe dem Ansehen des Landtags großen Schaden zugefügt, sagte Kramer. Auch das Ansehen des Landesverfassungsgerichts drohe Schaden zu nehmen. Der Landtag könne eine Verfassungsrichterin zwar nicht einfach abberufen. "Er kann aber ihr Ausscheiden beim Landesverfassungsgericht beantragen, woraufhin letzteres dann tätig wird."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken-Landtagsfraktion, Peter Ritter, stellte sich demonstrativ hinter Borchardt. "Ich empfehle der AfD-Fraktion, wie auch allen anderen bundesweiten Kritikern an der Wahl Borchardts, die gesetzlichen Grundlagen, die für eine Wahl zur Verfassungsrichterin gelten, zu studieren und mir ein gesetzliches Kriterium zu nennen, welches Borchardt nicht erfüllt", sagte er. "Man wird keines finden." Kramer erwiderte, es gebe in der Tat kein gesetzliches Kriterium, dass ein Verfassungsrichter nicht in einer verfassungsfeindlichen Organisation Mitglied sein dürfe. "Aber es gibt ein moralisches Kriterium, und das ist hier nicht erfüllt."

Die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft hatte Borchardts Berufung ins Landesverfassungsgericht eine "Schande" genannt. Borchardt hatte in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" zur innerdeutschen Mauer gesagt: "Es gab Mauertote auf beiden Seiten, es sind auch Grenzsoldaten erschossen worden." Der Vorsitzende der Opferverbände, Dieter Dombrowski (CDU), warf Borchardt daraufhin vor, die Opfer zu verhöhnen.

Der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte Borchardt, dass sie im Amt bleiben wolle. Auf die Frage, ob sie ihre Aussagen zu Mauerbau und Grenztoten irgendwann noch einmal überdenken würde, antwortete sie, das könne durchaus sein. Doch erst einmal habe sie nun eben eine bestimmte Meinung gefasst, und da könne man sich nicht sofort herausschleichen, wenn man unter Druck stehe.

Die nicht im Landtag vertretene FDP protestierte am frühen Abend mit dem Hissen einer DDR-Fahne vor dem Landesverfassungsgericht Greifswald gegen Borchardts Wahl. FDP-Generalsekretär David Wulff sagte, eine Verfassungsgegnerin dürfe keine Verfassungsrichterin sein. "Das Beste wäre, sie würde zurücktreten." Mit der DDR-Fahne wollten sie erreichen, dass sich Borchardt "wie zu Hause fühlt". Nach Polizeiangaben waren rund 20 Leute an der Aktion der FDP beteiligt.

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