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Justiz - Mainz:Neue Schutzausrüstung für Bedienstete in den Gefängnissen

Mainz (dpa/lrs) - Ein Häftling unter Drogeneinfluss rastet völlig aus und zerlegt seine Zelle - dieser Vorfall Ende 2018 in der größten rheinland-pfälzischen Haftanstalt in Wittlich war einer der Anlässe für die Anschaffung einer neuen Schutzausrüstung für die rund 2200 Bediensteten im Justizvollzug. Der Mann habe in bedenklicher Art und Weise randaliert und vor sich selbst geschützt werden müssen, sagte Justizminister Herbert Mertin (FDP) in Mainz. "Die Schutzausrüstung war für solche Vorgänge aber nicht mehr das Optimale."

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Mainz (dpa/lrs) - Ein Häftling unter Drogeneinfluss rastet völlig aus und zerlegt seine Zelle - dieser Vorfall Ende 2018 in der größten rheinland-pfälzischen Haftanstalt in Wittlich war einer der Anlässe für die Anschaffung einer neuen Schutzausrüstung für die rund 2200 Bediensteten im Justizvollzug. Der Mann habe in bedenklicher Art und Weise randaliert und vor sich selbst geschützt werden müssen, sagte Justizminister Herbert Mertin (FDP) in Mainz. "Die Schutzausrüstung war für solche Vorgänge aber nicht mehr das Optimale."

Die künftige Ausrüstung besteht aus neuen Einsatzstöcken, Schutzhelmen und -anzügen, schnittfesten Handschuhen und Schildern. Dafür sind im Haushalt je rund 145 000 Euro für dieses und nächstes Jahr eingeplant. In Rheinland-Pfalz gibt es acht Justizvollzugsanstalten sowie zwei Jugendstrafanstalten und eine Jugendarrestanstalt mit 3200 Haftplätzen.

Zehn Fälle von Gewalt gegen Bedienstete hätten die Gefängnisse in den ersten acht Monaten dieses Jahres gemeldet, berichtete Mertin. Im Spitzenjahr 2017 waren es 42 und im vergangenen Jahr 27. Die Ursachen für Gewaltausbrüche seien vielfältig, sagte John Klein von der Justizvollzugsschule des Landes und der Haftanstalt in Trier. Drogen, psychische Erkrankungen, Schicksalsschläge und ganz unterschiedlich motivierte Frustration nannte er als Beispiele.

"Die wichtigste Waffe für uns ist die Kommunikation", beschreibt Martin Bronder von der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken die Leitlinie der Justizvollzugsbediensteten im Umgang mit angreifenden oder randalierenden Häftlingen. "Ziel ist es immer, das mildeste Mittel zu suchen", ergänzte Klein.

Dabei sollen unter anderem neue Einsatzstöcke helfen. Sie haben im Vergleich zu ihren Vorgängern einen Griff und könnten Angreifer so auf Distanz halten und überwältigen, erläuterte Klein. Als Schlagstock würden sie nur im äußersten Notfall eingesetzt, betonte Mertin. Die alten Stöcke seien dagegen eigentlich fast ausschließlich zum Schlagen zu verwenden gewesen, sagte Klein.

Rund 240 der 60 bis 70 Euro teuren neuen Einsatzstücke sollen angeschafft werden, ihr Einsatz wird geschult. Die Vollzugsbediensteten bekommen zudem je ein Paar von rund 80 Euro teuren neuen schnittfesten Handschuhen. Sie sollen vor Handverletzungen schützen und vor der Übertragung von Krankheiten, wie der Minister erläuterte. Zu solchen Verletzungen könne es sowohl bei Angriffen von Inhaftierten als auch bei deren Durchsuchung kommen, wenn sie etwa eine Rasierklinge in der Hosentasche versteckten.

Die Ausstattung mit den modernen Schutzanzügen, den Helmen und Schildern hänge von der Größe des Gefängnisses ab. Das neue an den Helmen und Schildern: Die Visiere beschlagen nicht mehr so schnell. "Die alten Schilder gingen oft kaputt", sagte Klein.

Handfesseln und Reizgas gehören nach wie vor zur Ausstattung der Vollzugsbediensteten. Der Einsatz von Tasern wäre nach Ansicht von Klein, Bronder und Mertin zu gefährlich, weil die Häftlinge in ihren kleinen Zellen sich dann beim Sturz auf Tisch oder Bett leicht verletzten könnten. Elektrorasierer, mit denen Angriffe oder Selbstverletzungen mit Einmalrasieren verhindert werden könnten, sind in den Gefängnissen verboten. Ein Häftling hatte im Juli in der JVA Wittlich einen Aufseher mit der Klinge eines Einmalrasierers attackiert und am Hals verletzt. "Alles was Elektro ist, birgt für den Strafvollzug Gefahren", sagte Mertin. Selbst die Fernsehgeräte seien in besonderen Behältern verpackt, "damit die Häftlinge nicht an die Technik kommen".

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