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Justiz - Kiel:Kritik an Stegners Vorwürfen gegen die Staatsanwaltschaft

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Kiel (dpa/lno) - Gewerkschaften haben die Forderungen von SPD-Fraktionschef Ralf Stegner nach einem Wechsel an der Spitze der Kieler Staatsanwaltschaft verurteilt. "Die unsäglichen Angriffe eines offenbar verzweifelten Fraktionsvorsitzenden der SPD gegen die Leitende Oberstaatsanwältin Birgit Heß müssen ein Ende finden", sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Torsten Jäger, am Freitag. "Mit seinen öffentlichen Verlautbarungen greift Dr. Stegner nicht nur eine integre Juristin, sondern fortlaufend den Rechtsstaat an."

Auch der Schleswig-Holsteinische Richterverband kritisierte Stegner. Richter und Staatsanwälte sähen sich tagtäglich haltlosen Verschwörungsvorwürfen ausgesetzt, sagte die Landesvorsitzende Christine Schmehl. "Neu und alarmierend ist jedoch, dass derartige Anwürfe von politisch verantwortlicher Stelle kommen." Wer sich derart äußere, nehme billigend in Kauf, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat nachhaltig beschädigt werde.

Stegner hatte am Donnerstag einen Wechsel an der Spitze der Behörde gefordert. Sie hat gegen einen Funktionär der Deutschen Polizeigewerkschaft Anklage wegen Geheimnisverrats erhoben. Im Zuge der Ermittlungen verfasste sie Berichte in Strafsachen (Bestra) an das Justizministerium, von denen Ministerpräsident Daniel Günther Kenntnis erlangte. Ein Bericht enthielt Chats des später entlassenen Innenministers Hans-Joachim Grote (beide CDU) mit einem Journalisten. Der Reporter hatte diese an den Gewerkschafter weitergeleitet. Günther entließ Grote Ende April, weil er sich von ihm falsch über dessen Kontakte zu dem Journalisten und dem Gewerkschafter informiert fühlte.

Oppositionsführer Stegner kritisiert, dass die Staatsanwaltschaft nur im Rahmen der Strafverfolgung aktiv werden dürfe, was bei Grote nicht der Fall sei. Seiner Ansicht nach habe die Anklagebehörde in dem Fall des zweiten Bestra-Berichts - der die Chats von Grote enthält - entweder eigenmächtig oder auf Anordnung gehandelt. Im ersten Fall stelle sich die Frage der Aufsicht, die zweite Variante "wäre ein handfester politischer Skandal".

Für GdP-Landeschef Jäger handelt es sich bei Stegners Äußerungen um eine Form politischer Einflussnahme auf die Justiz, die er selbst der Landesregierung vorwerfe. "Das hat nichts mehr mit vernünftiger Oppositionspolitik zu tun, sondern dient offenbar ausschließlich dem Ziel, der Reputation von Menschen zu schaden", sagte er.

Zuvor hatte bereits Justizminister Claus Christian Claussen (CDU) Stegner scharf kritisiert: "Bei allem Respekt für politische Auseinandersetzungen, das geht zu weit." Die Staatsanwaltschaft Kiel sei mitnichten politisch gesteuert oder motiviert.

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