Wiesbaden/Berlin (dpa/lhe) - Im Kampf gegen Querulanten, die Sozialgerichte mit einer Vielzahl von Klagen überfluten, macht sich Hessen für eine „Vielkläger-Gebühr“ stark. „Querulatorische Verfahren binden erhebliche personelle Ressourcen in der Justiz, ohne dass mit ihnen ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse verfolgt wird“, erklärte Justizminister Roman Poseck (CDU) in Wiesbaden zum Start der Justizministerkonferenz am Donnerstag in Berlin.
An einem hessischen Sozialgericht habe beispielsweise ein einziger Kläger 323 erfolglose erstinstanzliche Verfahren geführt, an das Landessozialgericht habe sich ein einzelner Kläger mit 675 zweitinstanzlichen, erfolglosen Verfahren gewandt. Diese Vielzahl belaste die Richterinnen und Richter sowie die Serviceeinheiten, erläuterte Poseck und forderte den Bund auf, per Gesetz gegen das Phänomen vorzugehen.
Zwar dürfe an der grundsätzlichen Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens nicht gerüttelt werden, teilte der Minister mit. „Kläger, die diese Kostenfreiheit allerdings missbrauchen und die Gerichte ohne eigene Risiken massenhaft mit aussichtslosen Klagen fluten, sollten diese aber nicht mehr grenzenlos in Anspruch nehmen dürfen“, argumentierte Poseck.
„Hier wäre die Einführung einer Vielklägergebühr ein geeigneter Ansatz.“ Sie würde dann greifen, wenn ein Kläger in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl erfolgloser Verfahren geführt habe. „Diese Gebühr müsste der Kläger vorab bezahlen, damit das Gericht überhaupt tätig wird“, erklärte Poseck. „Wenn er das Verfahren gewinnt, würde ihm die bereits gezahlte Gebühr selbstverständlich zurückgezahlt.“
Der Richterbund Hessen begrüßte den Vorstoß. Er befürworte „durchgreifende Instrumente“, wenn der Rechtsstaat missbräuchlich in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet werde. „Bei der gesetzgeberischen Ausgestaltung sollte Wert darauf gelegt werden, dass sie den effektiven Einsatz justizieller Ressourcen sicherstellt“, erläuterte eine Sprecherin. Damit würden der Rechtsschutz erhöht und die Sozialgerichte tatsächlich entlastet.
Es gebe keine bestimmte soziale Gruppe, die besonders als Vielkläger heraussteche, erklärte eine Sprecherin des Justizministeriums. „Vielmehr handelt es sich um Einzelfälle, die aber erhebliche Ressourcen binden.“ Diese Klägerinnen und Kläger verlören häufig selbst den Überblick über ihre Verfahren. Dann müssten im Gericht die Schriftstücke oft mühsam den einzelnen Fällen zugeordnet werden.
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