Justiz - Hannover:Justizministerin für dreimonatige Vorratsdatenspeicherung

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Hannover (dpa/lni) - Um Straftaten im Netz besser verfolgen zu können, wirbt Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza für eine Wiedereinführung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung. Ohne Datenspeicherung sei es schwierig, die Identitäten der Täter zu ermitteln, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. "Das ist ein Problem. Ich halte es für wichtig, dass die Speicherung von IP-Adressen und Portnummern wieder möglich wird, damit nicht das Gefühl vorherrscht, das Internet sei ein rechtsfreier Raum."

Denkbar sei eine Speicherung der Daten für drei Monate. Das entspreche den Fristen für Strafanträge bei Beleidigungsdelikten. "In dieser Zeit können Betroffene entscheiden, ob sie einen Vorfall zur Anzeige bringen", sagte Havliza.

Grüne und FDP kritisierten den Vorstoß. Havliza stelle damit Millionen Internetnutzer unter Generalverdacht, sagte der Grünen-Justizpolitiker Helge Limburg. Die Menge der Daten sage nichts über die Effektivität der Strafverfolgung aus, benötigt werde mehr Personal. Stattdessen präsentiere Havliza "fragwürdige Gesetzesvorschläge, die tief in Grund- und Bürgerrechte eingreifen", sagte Limburg. Der FDP-Innenpolitiker Marco Genthe nannte die Forderung der Ministerin "maßlos übertrieben".

Als Vorratsdatenspeicherung wird die flächendeckende, anlasslose Erfassung von Telefon- und Internetdaten der Nutzer bezeichnet. Sie wurde als Reaktion auf Terroranschläge eingeführt. Nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster im Jahr 2017 setzte die Bundesnetzagentur die Speicherpflicht allerdings aus.

Im vergangenen Jahr wandte sich das Bundesverwaltungsgericht dann an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser soll klären, ob sich aus den Unionsvorschriften ein generelles Verbot einer flächendeckenden, anlasslosen Vorratsdatenspeicherung in Deutschland ableiten lässt.

Deutschland stehe aber nicht alleine vor dem Problem, sagte Havliza. "Wenn wir die Täter identifizieren wollen, müssen wir eine gewisse Zeit haben, um an die Daten zu kommen." Die Bundesregierung solle das Thema daher auch zum Gegenstand der deutschen EU-Ratspräsidentschaft machen, forderte die Ministerin.

Die Justizministerkonferenz der Länder hat sich Havliza zufolge bereits mehrheitlich dafür ausgesprochen, dass eine Datenspeicherung für die Bekämpfung von Straftaten im Digitalzeitalter unverzichtbar sei. Sie werde zudem auch mit Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) darüber sprechen.

Mit einer Bundesratsinitiative wollen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern darüber hinaus neue Identifizierungspflichten im Internet durchsetzen, die den Behörden helfen sollen, den Urhebern von Hassbotschaften auf die Spur zu kommen. So sollen Nutzer von sozialen Netzwerken und Gaming-Plattformen verpflichtet werden, bei der Registrierung Namen, Anschrift und Geburtsdatum anzugeben.

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