Justiz - Brandenburg an der Havel:Mehr als 40 Suizide in Brandenburger Gefängnissen seit 2000

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Potsdam (dpa/bb) - In Brandenburger Gefängnissen haben sich seit dem Jahr 2000 mehr als 40 Menschen das Leben genommen. Im vergangenen Jahr waren es zwei Menschen, wie das Justizministerium Brandenburg auf Nachfrage mitteilte - darunter ein 57-Jähriger, der verdächtigt wurde, in Teltow seine Ehefrau getötet zu haben. Der Mann wurde im November 2019 tot in seiner Zelle in der JVA Brandenburg/Havel entdeckt. Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat nach eigenen Angaben ein Ermittlungsverfahren dazu eingeleitet.

Auch in dem weiteren Fall, der knapp eine Woche später passierte, ermitteln die Behörden: Der Mann saß in der JVA Neuruppin/Wulkow ein; er wurde verdächtigt, seine Frau ermordet zu haben. Doch noch bevor es zum Prozess kam, wurde er ebenfalls im November tot in seiner Zelle gefunden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Neuruppin, die das Todesermittlungsverfahren führt, hatte der Mann einen Abschiedsbrief hinterlassen. Eine Obduktion sei durchgeführt worden, der abschließende Bericht der Rechtsmediziner stehe noch aus. Derzeit bestünden jedoch keinerlei Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden, sagte ein Sprecher.

Nehmen sich Gefängnisinsassen das Leben, wird nach Angaben des Justizministeriums immer ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Meist wird dafür eine Obduktion angeordnet. Dadurch wollen die Ermittler ausschließen, dass der Verstorbene tatsächlich ohne ein Zutun von anderen, etwa durch andere Insassen, gestorben ist. Der Suizid gilt als Fall des unnatürlichen Todes und muss nach § 159 der Strafprozessordnung der Staatsanwaltschaft oder dem zuständigen Amtsgericht angezeigt werden.

Daneben werde aber auch anstaltsintern geprüft, ob die Suizidgefahr hätte erkannt und der Tod durch geeignete Maßnahmen vermieden werden können, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Gibt es Anhaltspunkte dafür, kann ein Disziplinarverfahren oder auch ein Strafverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung eingeleitet werden. Dem Ministerium ist derzeit kein Fall eines solchen Verfahrens bekannt.

Das Land will seit längerem einen Suizidpräventionsbeauftragten einsetzen, der für alle Justizvollzugsanstalten im Land zuständig sein wird - eventuell mit Unterstützung eines bei der JVA tätigen Psychologen. "Soweit Mitte Februar 2020 der Dienstposten "psychologische Fachaufsicht" besetzt sein wird, soll die Aufgabe des Beauftragten auf ihn übertragen werden", teilte das Ministerium mit.

Außer den insgesamt 44 Suiziden von 2000 bis einschließlich 2019 gab es nach Ministeriumsangaben im selben Zeitraum knapp 120 Suizidversuche. Im Jahr 2018 hatte sich ein Insasse das Leben genommen, vier Menschen versuchten es. Im Jahr davor gab es keinen Suizid, aber vier Versuche. In Brandenburger Gefängnissen saßen zum Stichtag Anfang Januar dieses Jahres 1297 Menschen in Haft.

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