Süddeutsche Zeitung

Berliner Goldmünzendiebstahl:"Ich habe gedacht, das ist ein Witz"

Lesezeit: 3 min

Kunstsammler Boris Fuchsmann, Eigentümer der gestohlenen Goldmünze aus dem Bode-Museum, ist bisher auf einem Großteil des Schadens sitzengeblieben. Jetzt entscheidet ein Gericht, wer zahlen muss.

Von Verena Mayer

Vor drei Jahren wurde das Berliner Bode-Museum Schauplatz eines der spektakulärsten Kunstdiebstähle: Drei Vermummte kletterten durch ein Fenster, zerschlugen eine Vitrine, wuchteten eine hundert Kilogramm schwere Goldmünze nach draußen und flüchteten damit über die S-Bahn-Gleise. Inzwischen sind die Hintergründe geklärt, zwei Männer aus einer stadtbekannten Großfamilie und ein früherer Wachmann aus dem Museum wurden zu Haftstrafen verurteilt. Nur einer kam bislang nicht zu seinem Recht: der Eigentümer der Goldmünze. Weil sich seine Versicherung weigerte zu zahlen, reichte der Immobilienunternehmer und Kunstsammler Boris Fuchsmann im Dezember 2018 Klage ein. An diesem Dienstag will eine Zivilkammer des Berliner Landgerichts klären, ob die Versicherung den gesamten Schaden ersetzen oder das Bode-Museum ebenfalls zahlen muss, weil die Münze dort nicht ausreichend gesichert war.

SZ: Herr Fuchsmann, Sie haben Ihre Versicherung auf Schadenersatz verklagt. Um wie viel Geld geht es?

Boris Fuchsmann: Um 4,2 Millionen, 20 Prozent hat die Versicherung gezahlt. Mein Problem ist, dass ich zwischen den Stühlen sitze, weil sich sowohl das Museum als auch die Versicherung nicht bewegen. Mir wäre es am liebsten, die beiden würden das untereinander klären, denn ich kann am wenigsten dafür. Meine Münze ist weg, und Geld habe ich auch keines bekommen.

Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee, eine hundert Kilogramm schwere Goldmünze zu erwerben?

Ich sammle Kunst und Antiquitäten. An der Big Maple Leaf hat mich fasziniert, was wohl alle Sammler fasziniert, die etwas Außergewöhnliches besitzen wollen: dass sie die größte goldene Münze der Welt ist und zu 99,999 Prozent rein. Als ich erfahren habe, dass sie versteigert wird, war ich gerade bei der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Ich habe mich zur Versteigerung angemeldet und gebeten, dass ich angerufen werde, damit ich mitbieten kann. Allerdings war ich dann mit Freunden im Kruger-Nationalpark, und dort gab es keine Netzverbindung, Elefanten und Löwen brauchen ja keinen Handyempfang. Als ich endlich telefonieren konnte, hörte ich, dass die Münze schon an einen spanischen Händler gegangen war. Ich bot ihm 100 000 Euro mehr, dass er mir den Kaufvertrag überträgt.

Was wollten Sie mit der Münze anfangen? Ein Objekt, das so groß wie ein Autoreifen und so schwer wie eine Waschmaschine ist, stellt man sich ja nicht ins Wohnzimmer.

Ich hatte immer im Kopf, die Münze an Museen zu verleihen, damit die Leute sie sehen können. Es gibt ja insgesamt nur fünf Exemplare, und die meisten davon sind in Privatbesitz. Kurz nach der Versteigerung hat auch schon das Bode-Museum angerufen und gefragt, ob ich die Münze zur Verfügung stellen könnte, denn dort war man in Vorbereitung der Ausstellung "Goldgiganten". Aber meine Frau war auch skeptisch. Sie hat gesagt: So ein teures Objekt zu Hause, da wird eingebrochen. Ich habe sie beruhigt, dass man da mindestens vier Leute braucht, um die irgendwo rauszunehmen.

Genau das ist dann leider passiert. Wie haben Sie vom Diebstahl erfahren?

Am 28. März 2017 hat man mich angerufen und gesagt, dass meine Münze gestohlen worden ist. Ich habe gedacht, das ist ein Witz, und gesagt: Der 1. April ist aber erst in drei Tagen. In meinem Verständnis war das absolut unmöglich, eine hundert Kilogramm schwere Münze aus einem Museum mitzunehmen. Dann begannen die Ermittlungen, und irgendwann hat man die Täter gefunden, aber die Münze leider nicht.

Die Täter wurden im Februar zu Strafen bis zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Sind Sie zufrieden mit dem Urteil?

Es gab erfahrene Richter, es gab genügend Beweise, aber ob die Strafe hoch oder niedrig ist, kann ich nicht beurteilen.

Bei den Ermittlungen kam heraus, wie schlecht das Bode-Museum auf einen solchen Fall vorbereitet war. Die Panzerglasvitrine war nicht alarmgesichert, das Fenster, durch das die Diebe einstiegen, konnte mit einem Vierkantschlüssel entriegelt werden, und ein Einbruchsversuch kurz zuvor wurde nicht erkannt.

Ja, das ist ein schlimmes Signal, besonders an Sammler. Jeder macht sich Gedanken, ob ihm dasselbe passieren kann wie mir, und ich würde sagen: Das kann jedem passieren. Ich habe dem Museum vertraut und der Versicherung, aber ich habe weder meine Münze zurückbekommen noch das Geld.

Haben Sie den Einbruch ins Grüne Gewölbe von Dresden verfolgt, bei dem die Täter auf ganz ähnliche Weise eine Glasvitrine mit einer Axt zertrümmerten und Teile von historischen Juwelengarnituren mitnahmen?

Ja, es ist unvorstellbar, wie viele Wertgegenstände in Museen sind und wie schlecht sie bewacht werden. Man kann Kunstschätze doch nicht mit Vorkehrungen absichern, die vor 20, 30 Jahren aktuell waren, da gibt es doch moderne Technik.

Angenommen, Sie hätten die Gelegenheit: Würden Sie wieder eine Big Maple Leaf kaufen?

Eher nicht, und ich habe derzeit auch gar nicht das Geld dafür.

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