Jüdischer Friedhof:Grabvandalismus in Berlin

Der jüdische Friedhof Berlin-Weißensee ist ein zentraler Ort des Gedenkens und Erinnerns. Unbekannte störten den Frieden, indem sie 30 Grabsteine umstürzten.

Auf einem jüdischen Friedhof in Berlin haben Unbekannte ungefähr 30 Grabsteine umgeworfen und beschädigt. Die Tat entdeckte ein Friedhofsgärtner. Nach Polizeiangaben ermittelt der Staatsschutz wegen Störung der Totenruhe und Sachbeschädigung.

Friedhof Weißensee; ddp

Auf dem jüdischen Friedhof in Weißensee wurden mehrere Grabsteine umgestoßen. Die Polizei sicherte den Tatort mit einem Absperrband.

(Foto: Foto: ddp)

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und Lala Süsskind, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlins, begaben sich an den Tatort.

Der Friedhof, der im Stadtteil Weißensee liegt, ist ein nationales Kulturdenkmal und stellt ein bedeutendes Zeugnis deutsch-jüdischer Kulturgeschichte dar. Ein Gedenkstein erinnert an die sechs Millionen Juden, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung wurden.

1880 wurde der Friedhof eingeweiht. Mit einer Fläche von über 40 Hektar und 115.000 Gräbern gilt er als einer der größten und auch schönsten jüdischen Friedhöfe in ganz Europa. Trauerhalle und Eingangsgebäude wurden im Stil der italienischen Neorenaissance erbaut.

Etwa 3000 Gräber sind dort für Menschen errichtet worden, die in der Zeit des Nationalsozialismus Selbstmord verübten. Auch Martha Liebermann, die Witwe des Malers Max Liebermann, wurde auf diesem Friedhof beigesetzt. Die 85-Jährige vergiftete sich 1943 mit Schlafmitteln, um einer Deportation in die Vernichtungslager zu entgehen. Max Liebermann, der bei den Nazis als "entarteter" Künstler galt, starb 1935.

Darüber hinaus beheimatet der Friedhof Weißensee Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten, wie die der Verleger Samuel Fischer und Rudolf Mosse, des Journalisten Theodor Wolff, des Malers Lesser Ury, des Philosophen Hermann Cohen, des Industriellen Emil Rathenau, des Mediziners Albert Fraenkel und des Restaurantbesitzers Berthold Kempinski. Auch die Eltern von Kurt Tucholsky und der Ende 2001 in Israel gestorbene Schrifsteller Stefan Heym wurden hier beigesetzt.

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