Jordanien:Pomp und Politik

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Die saudische Architektin Rajwa Alsaif und der jordanische Kronprinz Hussein bin Abdullah II fahren in einem offenen Wagen durch Amman. (Foto: Raad Adayleh/dpa)

Kate und William waren auch da: Die Bilder der Hochzeit des jordanischen Kronprinzen Hussein wollen so gar nicht zur Lage im Nahen Osten passen. Doch hinter den Kulissen wird um die politische Neuausrichtung der Region gerungen.

Von Mirco Keilberth, Tunis

Selten schaffen es gesellschaftliche Ereignisse des Nahen Ostens in europäische Klatschblätter. Mit der "Traumhochzeit von Amman" vom vergangenen Donnerstag prangte nun erstmals wieder eine positive Nachricht auf den Titelseiten von Magazinen, die normalerweise die Dramen europäischer Königshäuser behandeln. Der älteste Sohn von König Abdullah II. hatte zu seiner Trauung prominente Gäste aus der ganzen Welt in die jordanische Hauptstadt geladen. Der 28-jährige Kronprinz Hussein heiratete mit Rajwa Alsaif die Tochter eines schwerreichen saudischen Bauunternehmers, der mit dem Königshaus in Riad eng verbunden ist. Seine Baufirma Al Saif Group gilt als eines der größten und einflussreichsten Unternehmen des gesamten Nahen Ostens.

Schon Wochen vor der Hochzeit wurde im ganzen Land gefeiert, von riesigen Plakatwänden schaute das Brautpaar auf die von einer schweren Wirtschaftskrise geplagten Jordanier herab. Um die Kritik an den immensen Kosten der Veranstaltung abzumildern, ließ der seit 24 Jahren regierende König 4000 Jordaniern aus dem ganzen Land das traditionelle Gericht Mansaf im Palast servieren. Prominente Musiker aus der arabischen Welt gaben in Amman ein kostenloses Megakonzert.

Unter den 1700 Hochzeitsgästen waren neben den Herrschaftshäusern aus den Golfstaaten und Monarchen aus Asien auch viele westliche Diplomaten und Politiker. Neben der amerikanischen First Lady Jill Biden und den Royals aus den Niederlanden standen vor allem der britische Kronprinz William und seine Frau Kate im Blitzlichtgewitter der Fotografen. Dem britischen Königshaus werden intensive geschäftliche und persönliche Kontakte zu den Herrschern in Saudi-Arabien und Jordanien nachgesagt.

Das Brautpaar könnte ein historisches Trauma überwinden

Jordanien gilt als wichtiger Verbündeter der USA in der Region und teilt sich Grenzen mit Bürgerkriegsland Syrien, Israel und dem Westjordanland. Die Königsfamilie setzt auf amerikanische Sicherheitsgarantien und den Schutz durch die Muwaffaq Salti Luftwaffenbasis, die das Pentagon gerade weiter ausbaut. Wegen der 700.000 syrischen Flüchtlinge im Land und den immens gestiegenen Lebensmittelpreisen kam es in letzter Zeit zu mehreren Protesten gegen die Regierung. Die Rolle Jordaniens als Stabilitätsfaktor in der Region ist in Gefahr. Die Hochzeit soll das Ruder herumreißen und steht für die Neuorientierung in Richtung Saudi-Arabien. Da hilft es, dass das Brautpaar ein historisches Trauma beendet.

Bräutigam Hussein stammt aus der Familie der Haschemiten, die ihren Herrschaftsanspruch in Jordanien mit ihrer direkten Abstammung vom Propheten Muhammad begründet und jahrhundertelang in Mekka das Sagen hatte. Die Haschemiten wurden 1924 von der Familie Ibn Saud aus Mekka vertrieben, die seitdem in Riad regiert. Die in der saudischen Hauptstadt geborene Braut Rajwa Alsaif ist mit Kronprinz Mohammed bin Salman verwandt.

Die junge Generation hofft auf schnellere Reformen

Jordanische Medien bejubeln die politische Wiederannäherung beider Länder, deren Beziehung nach angeblich saudischer Hilfe bei einer Palastrevolte gegen Abdullah II. seit zwei Jahren auf Eis lag. Das rohstoffarme Jordanien könnte nun Investitionen und eine Finanzspritze aus Riad erhalten. Die junge Generation beider Länder hofft, dass der nun eingeläutete Generationswechsel in den Königshäusern die lange geforderten gesellschaftlichen Reformen weiter beschleunigt.

Kronprinz Hussein hat an der amerikanischen Georgetown-Universität Geschichte studiert und wie sein Vater und sein Großvater die britische Militärakademie in Sandhurst besucht. 2015 leitete er als bislang jüngste Person eine Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Rajwa Alseif hat in New York und Los Angeles Architektur und visuelle Kommunikation studiert und spricht fließend Englisch, Französisch und Arabisch.

Wie viele der elf Millionen Jordanier saß auch Mohamed al-Masri am vergangenen Donnerstag vor dem Fernseher und sah, wie das Hochzeitspaar in einem Rolls-Royce Phantom V vor dem Zahran-Palast eintraf. "Dort feiert eine Elite, die gegen die wachsende Armut nichts tut", kritisiert der 24-jährige Student. "Dennoch bin ich stolz. Das Paar macht mir Hoffnung, dass irgendwann meine gut ausgebildete Generation das Sagen haben wird."

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