Süddeutsche Zeitung

"The Voice of Holland":Empörung über Medienboss de Mol

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Dutzende Frauen berichten von sexuellen Übergriffen bei der Castingshow "The Voice of Holland". Nun rückt Produzent John de Mol in den Mittelpunkt der Kritik, weil er den Frauen die Verantwortung zuschiebt.

Im Skandal um sexuelle Übergriffe bei der Castingshow "The Voice of Holland" rückt nun der Medienproduzent John de Mol in den Mittelpunkt der Kritik. Mitarbeiterinnen seines Unternehmens Talpa warfen dem 66-Jährigen am Freitag vor, die Opfer selbst verantwortlich zu machen. "Lieber John. Es liegt nicht an den Frauen", schrieben sie in einer ganzseitigen Zeitungsanzeige im Algemeen Dagblad. De Mol hatte sich am Vorabend erstmals zu dem Skandal geäußert. Er sagte, dass er von den Vorfällen nichts gewusst habe und die Frauen sich hätten melden müssen.

Die Enthüllungen der Missstände haben das Land entsetzt. Mehr als sieben Millionen Zuschauer hatten die Sendung "Boos" ("Wütend") des öffentlich-rechtlichen TV-Senders BNNVARA am Donnerstag gesehen. Darin hatten Dutzende junge Frauen von Übergriffen berichtet: anzügliche Bemerkungen, Fotos von Geschlechtsteilen, Betatschen, Vergewaltigung. Beschuldigt werden prominente Männer aus dem niederländischen Showbusiness, die Schlüsselpositionen bei der Show hatten.

Gegen einen Coach ist mindestens eine Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet worden. Eine junge Kandidatin der Show beschuldigte den prominenten niederländischen Rapper Ali B., er habe sie zum Sex gedrängt und seine Machtposition ausgenutzt.

Die Staatssekretärin für Medien, Gunay Uslu, kündigte Gespräche mit de Mol und den TV-Sendern an. "Dieses Verhalten muss angegangen werden", sagte sie. "Es liegt wirklich nicht an den Frauen. Männer müssen hier ihre Verantwortung übernehmen."

Der Talpa-Chef de Mol selbst hatte gesagt, er hoffe, dass Frauen aus diesen Vorfällen gelernt hätten und dass sie dies meldeten, "wenn ihnen so etwas noch einmal passiert". Er war bis Ende 2019 Produzent der Show und hatte das TV-Format selbst entwickelt und weltweit verkauft. Zwar zeigte er sich schockiert, gleichzeitig gab er zu, seit Längerem von einem Fall gewusst zu haben. Im Frühjahr 2019 habe eine Kandidatin über sexuelle Anspielungen und Avancen des Bandleaders Jeroen Rietbergen, 50, geklagt. "Ich bin furchtbar wütend geworden", sagte de Mol. Er habe Rietbergen mit dem Rauswurf gedroht.

Der Musiker Rietbergen war bis vor ein paar Tagen der Lebenspartner von de Mols Schwester Linda, die in Deutschland Anfang der 1990er-Jahre durch die RTL-Sendung "Traumhochzeit" berühmt wurde. Die prominente TV-Moderatorin brach nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Beziehung ab.

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