Süddeutsche Zeitung

Tötungsdelikt in Hessen:42-Jähriger im Fall Johanna zu lebenslanger Haft verurteilt

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Im Prozess um den gewaltsamen Tod der achtjährigen Johanna vor fast 20 Jahren ist der Angeklagte Rick J. wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Kammer stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest.

Das Landgericht Gießen sieht es als erwiesen an, dass der heute 42-jährige J. das Mädchen im September 1999 im hessischen Ranstadt entführt, anschließend missbraucht und getötet hat. Der Angeklagte hatte lediglich eine Entführung zugegeben. Die weiteren Vorwürfe stritt er ab. Er stellte den Tod des Mädchens als Unfall da. Johannas Leiche wurde im April 2000 in einem Waldstück gefunden.

Die Vorsitzende Richterin sagte in der Urteilsbegründung, der Angeklagte habe "ohne jeden Zweifel" Johanna überwältigt, betäubt und in seinen Kofferraum gesperrt. Der Deutsche habe den Kopf des Kindes mit 15 Metern Klebeband umwickelt. Das Band sei so zum "Mordwerkzeug" geworden - Johanna erstickte.

Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin, die Mutter von Johanna, hatten eine Verurteilung wegen Mordes angestrebt. Nach dem Willen der Anklage sollte das Gericht auch eine besondere Schwere der Schuld feststellen, was eine vorzeitige Haftentlassung in den allermeisten Fällen ausschließt. Dem folgte die Kammer nun.

Festnahme erst im Jahr 2017

Die Verteidigung hatte auf Totschlag plädiert. Außerdem forderte sie die Einweisung des Angeklagten in eine Entziehungsanstalt. Nach eigener Darstellung war J. lange rauschgiftsüchtig, zum Tatzeitpunkt soll er die Drogen Crystal Meth und LSD im Blut gehabt haben.

Jahrelang hatten die Ermittler vergeblich nach handfesten Hinweisen auf den Täter gesucht, nachdem die Leiche des Mädchens in einem Waldstück bei Alsfeld gefunden worden war. Eine wichtige Spur war dabei das Fragment eines Fingerabdrucks. Dieses wurde am Leichenfundort auf dem Streifen eines Klebebandes sichergestellt. Doch selbst Massentests mit mehr als 1000 Männern zum Abgleich der Spuren blieben erfolglos.

Auch der Angeklagte geriet im Lauf der Ermittlungen bereits einmal ins Visier der Polizei, da er das Automodell fuhr, nach dem gefahndet wurde. Es seien auch Fingerabdrücke genommen worden, hatten die Ermittler nach der Festnahme des Mannes im Oktober 2017 berichtet. Doch es habe keinen Treffer gegeben - die Technik sei damals noch nicht so weit gewesen, um ihn damit die Tat nachweisen zu können.

Die Wende brachte ein Missbrauchsfall im Jahr 2016, bei dem der Angeklagte gefasst wurde. Er war von Passanten dabei beobachtet worden, wie er eine 14-Jährige zu sexualisierten Fesselungsspielen nötigte. Den Ermittlern fielen Parallelen zum Fall Johanna auf, die verfeinerten Analysemethoden von Fingerabdrücken überführten den heute 42-Jährigen schließlich.

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