Japanisches Kaiserhaus:Der Prinz, der schnell erwachsen werden muss

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Stolze Eltern: Japans Kronprinz Fumihito (links) und seine Ehefrau Prinzessin Kiko mit ihrem 15-jährigen Sohn Hisahito, der die Nummer zwei in der Thronfolge ist. (Foto: Kyodo News/Imago)

Der 15-jährige Hisahito ist die Nummer zwei in der japanischen Thronfolge - und steht unter ständiger Beobachtung. Ein Schulaufsatz von ihm irritiert nun seine Kritiker.

Von Thomas Hahn, Tokio

Es gibt keine Kinder mehr in Japans Kaiserfamilie, denn Prinz Hisahito, ihr jüngstes Mitglied, ist mittlerweile ziemlich groß. Noch nicht ganz so groß wie sein Vater, Prinz Fumihito, aber um ein paar Zentimeter überragt er bereits seine Mutter, Prinzessin Kiko. Neulich haben sich die drei den Pressefotografen gestellt, da konnte sich die Öffentlichkeit davon überzeugen. Und am Samstag bei der Eintrittszeremonie in der Oberschule der Universität Tsukuba in Tokio, hörte die Nation den Prinzen mit kratziger Stimmbruchstimme den erwachsenen Satz sagen: "Ich will fleißig lernen und mein Wissen über das vertiefen, was mich interessiert."

Der schlaksige 15-Jährige im dunklen Anzug steht als Neffe des Kaisers Naruhito und Nummer zwei in der japanischen Thronfolge unter ständiger Beobachtung. Für erste Irritationen sorgen etwa seit einigen Wochen Plagiatsvorwürfe gegen Hisahito bei einem preisgekrönten Schulaufsatz über den Trip zu den Ogasawara-Inseln mit seiner Mutter. Teilweise gebe es eine "große Ähnlichkeit mit nicht genannten Quellen". Mit abgeschriebenen Passagen habe Hisahito also Platz zwei beim Kinder-Sachtext-Preis der Stadt Kitakyūshū belegt, so der konkrete Vorwurf.

Er soll für das Fortbestehen der japanischen Monarchie sorgen: Prinz Hisahito. (Foto: Eugene Hoshiko/AFP)

Hisahito ist nicht irgendein blaublütiger Teenager in der ältesten Monarchie der Welt, sondern soll für deren Fortbestand sorgen. Frauen dürfen nicht auf den Chrysanthementhron, deshalb kommt Naruhitos 20-jährige Tochter Aiko ebenso wenig infrage wie die beiden älteren Schwestern Hisahitos, Mako und Kako; wobei Mako seit ihrer Ehe mit dem bürgerlichen Kei Komuro ohnehin nicht mehr zur Kaiserfamilie zählt. Wenn Hisahito nichts zustößt, wird er früher oder später Japans Kaiser sein, die Symbolfigur des Inselstaates und der Hohepriester der Nationalreligion Shinto.

Vor allem die Rechtskonservativen im Land glaubten an ein Geschenk des Himmels, als Prinzessin Kiko am 6. September 2006 mit fast 40 den ersehnten Thronfolger zur Welt brachte. Nur noch 17 Mitglieder hat die japanische Kaiserfamilie mittlerweile noch. Ende Dezember hat ein Sonderausschuss der Regierung zwar zwei Vorschläge gegen das Aussterben des Kaiserhauses gemacht. Demnach sollen Prinzessinnen, die einen Bürgerlichen heiraten, künftig in der Kaiserfamilie bleiben und männliche Verwandte aus ausgegliederten Zweigen des imperialen Stammbaums adoptiert werden dürfen. Aber auch wenn das Parlament die Vorschläge wohl durchwinken wird, sie ändern nicht viel. Denn weiterhin dürfen keine Frauen an die Spitze des Kaiserhauses - und adoptierte Männer auch nicht. So muss es Hisahito alleine richten: Nicht nur eines Tages Tenno werden, sondern auch mindestens einen Sohn zeugen.

Auch die Wahl seiner Universität irritiert die Kritiker

Unter solchen Vorzeichen kann man keine unbelastete Jugend haben. Jede Entscheidung wird öffentlich bewertet - wie etwa seine Wahl einer Universität. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben alle Kinder des Kaiserhauses die Schulen der privaten Aristokraten-Universität Gakushūin besucht. Hisahito ist der erste Nachkomme, der eine öffentliche Oberschule gewählt hat. Nach Kindergarten, Grund- und Mittelschule an der Ochanomizu-Universität im Bezirk Bunkyo nahm er an einem 2017 eingeführten Aufnahmeprogramm zur Elite-Oberschule der Tsukuba-Universität im selben Bezirk teil. Erfolgreich, wie das Hofamt meldete. Aber einige Medien und Internetbürger spekulieren über einen Kaiser-Bonus - was wiederum die Universität Tsukuba zurückweist.

Hisahitos neue Schule steht im Ruf, freies Denken zu fördern, eine Fähigkeit, die ein Kaiser nach den strengen Gesetzen des Hofamtes eigentlich nicht braucht. Halten die Kritiker nichts von einem selbstdenkenden Thronfolger?

Für sie ist die Sache mit dem Schulaufsatz jedenfalls schon ein Indiz dafür, dass der Prinz lieber keine freien Entscheidungen treffen sollte. Das Hofamt fühlte sich schließlich zu einer Stellungnahme verpflichtet: Hisahito räume ein, dass die Quellenangaben nicht genau genug seien. Den Preis durfte er behalten. Aber die Botschaft der Affäre war klar: Der Prinz muss schneller erwachsen werden als andere.

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