Japan:Die Prinzessin mit dem geliehenen Diadem

Lesezeit: 2 min

Prinzessin Aiko bei der Verleihung eines Ordens anlässlich ihrer Volljährigkeit, die in Japan mit dem 20. Geburtstag erreicht wird. Das Diadem hatte sie sich von ihrer Tante geborgt, um die Steuerzahler zu schonen. (Foto: Yuichi Yamazaki/AP)

Aiko, einziges Kind des japanischen Kaisers Naruhito, ist volljährig geworden. Eine große Zeremonie gab es aber nicht, was einerseits an ihrer Bescheidenheit liegt - und andererseits daran, dass Frauen von der Thronfolge noch immer ausgeschlossen sind.

Von Thomas Hahn, Tokio

Aiko hat gerade nicht viel Zeit, eine Prinzessin zu sein. Kaiser Naruhitos Tochter studiert im zweiten Jahr japanische Literatur an der Gakushuin-Universität in Tokio. Und weil ihr 20. Geburtstag am 1. Dezember auf einen Mittwoch fiel, mussten die Zeremonien zu ihrer Volljährigkeit später stattfinden. Erst am Sonntag überreichte Naruhito ihr also feierlich das Großkreuz des Ordens der edlen Krone, das Frauen der Kaiserfamilie zur Volljährigkeit üblicherweise bekommen. Sie zeigte sich der Öffentlichkeit im klassischen japanischen Prinzessinnengewand mit Diadem, Fächer und weißer Robe. Traf ihre Großeltern, den emeritierten Kaiser Akihito und dessen Frau Michiko, sowie weitere Familienmitglieder und leitende Staatsleute. Eine Pressekonferenz gab es nicht. Die soll Aiko erst in den Semesterferien geben.

Es ist nicht ganz einfach für Aiko, kaiserliche Pflichten und weltliche Ausbildung in Einklang zu bringen. Japans Kaiser ist nicht nur die Symbolfigur des Staates, sondern auch der Hohepriester der Nationalreligion Shinto. Was dessen einzige Tochter tut und lässt, ist deshalb immer ein Thema im Inselstaat. Und gerade jetzt gibt es Bedarf an Nachrichten, die von der Treue zur Tradition erzählen. Denn die Kaiserfamilie wird immer kleiner.

Mitgliederschwund in der Kaiserfamilie

17 Mitglieder hat sie noch. Zuletzt schied Aikos Cousine Mako aus, weil sie den Bürgerlichen Kei Komuro heiratete. Die Hochzeit war umstritten, weil viele im Land Komuro für die falsche Wahl hielten. Zeremonien und Feiern zur Vermählung gab es nicht. Mako wanderte mit ihrem Mann in die USA aus. Das war Stress für die harmoniebedürftige Nation. Aiko soll sie wieder versöhnen.

Aiko, hier mit ihrer Hündin Yuri, ist bislang eine vorbildliche Prinzessin und im Volk beliebt. (Foto: The Imperial Household Agency of Japan/AP)

Sie macht das gut. Sie lächelt. Sie zeigt sich hin und wieder mit ihrer alten Hündin Yuri. Sie verfolgt fleißig ihr Studium - und zwar an besagter Gakushuin-Universität, wie es sich gehört für eine Tochter der Kaiserfamilie. Der Vorläufer der privaten Eliteeinrichtung wurde im 19. Jahrhundert für die Ausbildung junger Adliger gegründet; Mako war eine der wenigen Prinzessinnen, die sie nicht besuchten. Prinzessin Aiko hat sich auch schon ausdrücklich zu ihrer Rolle als erwachsene Prinzessin bekannt. An ihrem Geburtstag gab es ein Statement. Darin sagt Aiko: "Von nun an möchte ich als volljähriges Mitglied der kaiserlichen Familie jede Pflicht aufrichtig erfüllen und dem kaiserlichen Paar so viel wie möglich helfen."

Selbst den Festakt am Sonntag durfte man als Zeichen ihrer Selbstlosigkeit verstehen. Das hatte mit dem Diadem zu tun, das sie trug. Das Diadem gehört zur Grundausstattung einer erwachsenen japanischen Prinzessin bei offiziellen Anlässen. Zur Volljährigkeit bekommt normalerweise jede ein eigenes. Solche Diademe sind teuer, die Zeitung Tokyo Shimbun schreibt, dass jedes einzelne in der Vergangenheit mindestens 15 Millionen Yen Steuergeld kostete, rund 117 000 Euro. Aber Aiko verzichtete auf ein eigenes Diadem. Sie lieh sich jenes von ihrer Tante Sayako Kuroda aus, die bis zu ihrer Heirat als Prinzessin Sayako der Kaiserfamilie angehörte. Das Hofamt teilte mit, Naruhito, Aiko und ihre Mutter, Kaiserin Masako, hätten gemeinsam entschieden, auf ein neues Diadem zu verzichten - aus Rücksicht auf Menschen, die unter den Härten der Pandemie leiden.

Die Thronfolger: der Bruder und der Neffe des Kaisers

Ob Prinzessin Aiko irgendwann ein eigenes Diadem bekommt, ist noch nicht entschieden. Vielleicht ist das der Prinzessin aber auch nicht wichtig. Es gibt größere Wünsche als einen diamantenbesetzten Stirnreif. Aiko würde ihrem Vater als Kaiserin nachfolgen, wenn Japans Gesetz Frauen auf dem Chrysanthemen-Thron erlauben würde. Das tut es aber weiterhin nicht. An erster Stelle der Thronfolge steht des Kaisers Bruder Fumihito, dahinter folgt dessen einziger Sohn Hisahito. Und wenn Aiko sich in einen Bürgerlichen verliebt und ihn heiratet, muss auch sie aus der Kaiserfamilie ausscheiden.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusJapanisches Kaiserhaus
:Eine Prinzessin will glücklich sein

Lange musste Prinzessin Mako auf die Hochzeit mit ihrem bürgerlichen Freund warten, so groß war der Widerstand in Japan. Jetzt entschuldigt sie sich für "alle Unannehmlichkeiten". Über ein Land, in dem es wichtiger erscheint, Erwartungen zu erfüllen - als Träume.

Von Thomas Hahn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: