Begrüßungsrituale:Shake it off!

Begrüßungsrituale: Tanz das Importgut: Premierministerin Jacinda Ardern soll sich über die Aufführung der "Kiwi Brothers" sehr gefreut haben.

Tanz das Importgut: Premierministerin Jacinda Ardern soll sich über die Aufführung der "Kiwi Brothers" sehr gefreut haben.

(Foto: Zespri)

Auf ihrer Japanreise wird die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern von tanzenden Kiwi-Früchten begrüßt. Das sieht schaurig aus - und ist dennoch eine ziemlich gute Idee.

Von Martin Zips

Natürlich hat sie sich sehr gefreut, die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern. Es geht ja um mindestens 600 Millionen Neuseeländische Dollar (etwa 366 Millionen Euro), die ihr Land durch den Verkauf von Kiwis jährlich allein in Japan verdient. Kiwis, das sind diese Früchte, die eigentlich "Chinesische Stachelbeeren" heißen und die im Jahr 1904 von einer Lehrerin namens Isabel Fraser auch in Neuseeland eingeführt wurden. Von dort aus traten sie ihren weltweiten Siegeszug als auslöffelbarer Natur-Fruchtzwerg an. Allerdings eben nicht unter der Bezeichnung "Chinesische Stachelbeere", sondern: Kiwi.

Seit Jahrhunderten bezeichnen die Neuseeländer alles Mögliche so, unter anderem sich selbst, was wiederum mit ihrem Nationalvogel zu tun hat, der zwar über Flügel verfügt, aber nur laufen kann und schon lange so heißt. Auch seine Federn sehen eher wie Borsten aus, weshalb er sich als Namensgeber für Beeren unbedingt eignet.

Begrüßungsrituale: Jacinda Ardern ist gerade in Japan und hat dort nicht nur Kiwis, sondern auch Premierminister Fumio Kishida getroffen.

Jacinda Ardern ist gerade in Japan und hat dort nicht nur Kiwis, sondern auch Premierminister Fumio Kishida getroffen.

(Foto: Kimimasa Mayama/IMAGO/ZUMA Wire)

Jedenfalls ist Ardern gerade zu Besuch in Japan, es ist ihre erste Auslandsreise seit Beginn der Pandemie, und natürlich ging es in den bisherigen Gesprächen mit den japanischen Offiziellen nicht nur um die geheimdienstliche Zusammenarbeit zur Abwehr des in der Region als recht stachelig empfundenen chinesischen Machtapparates. Es ging auch um den Handel mit Kiwis.

Und so tanzten zu Ehren der Neuseeländerin zwei als Stachelbeeren verkleidete Personen als Werbeträger des weltweit größten Kiwi-Händlers. Ein Journalist machte ein Video, das ging steil viral, was den Händler, dessen grün-braune Testimonials im Vergleich mit Meister Proper oder Ronald McDonald zuletzt ein eher unbeachtetes Dasein fristeten, sehr freute.

Und auch, wenn die japanische Musik, zu der die Kiwi-Darsteller hopsten, melodisch eher traurig stimmte: Jacinda Ardern erklärte unmittelbar nach der Veranstaltung einem Fernsehteam, sie habe sich über den Tanz der "Kiwi Brothers" sehr gefreut.

Vielleicht noch mehr als über eines dieser merkwürdigen Gastgeschenke, die sonst auf solchen Reisen ja üblich sind. Man erinnere sich an Elizabeth II., wie sie 2015 vom deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck neben einer Schachtel Lübecker Marzipan auch noch dieses rätselhafte Ölgemälde geschenkt bekam. Es zeigte angeblich die Queen auf einem blauen Pferd.

Begrüßungsrituale: Die britische Königin rätselt über das Gastgeschenk des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck (im Jahr 2015).

Die britische Königin rätselt über das Gastgeschenk des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck (im Jahr 2015).

(Foto: Pool/Getty Images)

Musikalische Darbietungen zur Begrüßung prominenter Gäste gelten in der internationalen Diplomatie als besonders satisfaktionsfähig. Das konnte man auch jüngst bei der dänischen Königin Margrethe II. beobachten, der eine Ehrenkompanie der bayerischen Gebirgsschützen in der Münchner Residenz mit einem fröhlichen Gamsbart-Ständchen eine erkennbar große Freude bereitete.

Als Repräsentantin oder Repräsentant braucht man aber oft auch starke Nerven auf Auslandsreisen. Das musste etwa Angela Merkel im Jahr 2014 erfahren, als sie bei einem Abstecher auf ihrem Weg zum G-20-Gipfel nach Brisbane im neuseeländischen Auckland ein Nasenbussi mit einem Maori zu absolvieren hatte. Merkel bestand die Aufgabe mit Bravour.

Begrüßungsrituale: Angela Merkel beim Nasenbussi mit einem Maori im Jahr 2014.

Angela Merkel beim Nasenbussi mit einem Maori im Jahr 2014.

(Foto: David Rowland/AFP)

Solange auf einer Staatsreise nicht irgendwo Rudy Giuliani (wie jüngst in der US-Version der Fernsehshow "The Masked Singer") aus einer Kiste springt oder jemand das alte T-Shirt rauskramt, welches der kürzlich in Polen zu Gast gewesene Matteo Salvini noch vor Jahren trug, als er Putin ganz toll fand, so geht fast jedes Begrüßungsritual in Ordnung.

Und sieht man einmal von der Hitzeentwicklung und dem Luftmangel für die Darsteller in japanischen Maskottchen-Kostümen ab, so ist ein kleiner Willkommenstanz, es muss gar kein ausgelassener sein, doch ein schönes Zeichen der Gastfreundschaft. Im Anschluss kann man mit seinem Staatsgast ja vielleicht noch eine dieser vitaminreichen Früchte auslöffeln, die nach Vögeln benannt sind, die - leider - nicht fliegen können.

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