Japan:Freie Sicht für Instagram

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So wie hier im Mai können Touristen jetzt wieder ohne Sichtbehinderung fotografieren. (Foto: Kazuhiro Nogi/AFP)

Eine Kleinstadt mit einem der beliebtesten Fotomotive Japans, dem Fuji hinter einem Einkaufsladen, hatte sich gegen den Massentourismus gewehrt – mit einer Sichtschutzwand. Warum die Aktion jetzt gescheitert ist.

Von Thomas Hahn, Tokio

Wandschirme kommen und gehen, selten erregen sie Aufsehen. Aber der Wandschirm von Fujikawaguchiko in Japan, der nun wohl nicht mehr aufgestellt wird, war von Anfang an anders. Er bewegte die Medien im In- und Ausland schon, als er noch eine bloße Idee in den Köpfen der Rathausverwaltung war. Denn die Aufgabe war groß, die der Bürgermeister Hideyuki Watanabe und seine Leute ihm zudachten. Der Wandschirm sollte die Sicht auf den 3776 Meter hohen Nationalberg Fuji verstellen, dessen majestätischer Kegel südlich von Fujikawaguchiko aufragt. Grund: Auf dem Gehweg vor der Zahnklinik Ibishi versammelten sich immer wieder zu viele Touristen, um den Fuji zu fotografieren, weil der von dort aussieht, als sitze er direkt auf dem Flachdach eines Convenience Stores.

Am 21. Mai war der Wandschirm da: ein 20 Meter langes, zweieinhalb Meter hohes Gestell, das eine Plane aus schwarzem Maschengewebe festhielt. Wie ein Bauzaun stand er aufrecht am Straßenrand und verhinderte tatsächlich, dass man den Fuji vom Gehweg vor der Zahnklinik aus sehen konnte. Die Geschichte vom rettenden Wandschirm schien ein gutes Ende zu nehmen.

Der erste Zaun hatte bald Löcher – womöglich war das Material auch nicht ganz optimal gewählt. (Foto: Kazuhiro Nogi/AFP)

Aber schon bald hatte der Wandschirm Löcher. Touristen hatten sie vermutlich gebohrt, um ihr Recht auf Fuji-Bilder durchzusetzen. Fernsehleute mit ernster Miene kamen und zeigten die Löcher vor laufender Kamera. Die Verwaltung handelte. Am 25. Juli stand ein neuer Wandschirm mit festerem Material und in neuer Farbe; Braun passe besser ins Stadtbild als Schwarz, hieß es. Am 15. August wurde der neue Wandschirm dann jedoch vollständig abgebaut. Ein Taifun war angesagt. Die Verwaltung hatte Angst, dass der Sturm die Plane wegreißt.

Nun hat sie mitgeteilt, dass der Sichtschutz nicht zurückkehrt. Wenn sich zu viele Fuji-Anbeter danebenbenehmen, könne sich das wieder ändern. Aber vorerst ist der weltberühmte Wandschirm von Fujikawaguchiko Geschichte. Er wurde nur drei Monate alt.

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