Süddeutsche Zeitung

Japan: AKW Hamaoka:"Die Gefahr ist zu groß"

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Neue Störfälle und Schließungen: Die japanische Regierung will eines der größten Atomkraftwerke des Landes stilllegen. Die Anlage ist durch Beben stark gefährdet - sie ist nicht einmal 200 Kilometer von Tokio entfernt.

Nach der Atomkatastrophe von Fukushima ist Japans Regierung offenbar willens, die Betreiber der Atomkraftwerke im Land stärker zu konrollieren. Sie will nun eines der größten Atomkraftwerke des Landes wegen der Erdbebengefahr stilllegen lassen.

Ministerpräsident Naoto Kan habe den Betreiber Chubu Electric Power am Freitag dazu aufgefordert, die Reaktoren 3 bis 5 der Anlage Hamaoka herunterzufahren, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Die Gefahr einer Katastrophe sei bei dem in einer Erdbebenregion liegenden Kraftwerk zu groß.

Chubu Electric Power hatte zuvor selbst beschlossen, die Reaktoren 1 und 2 nicht mehr weiter zu betreiben. Das Kraftwerk Hamaoka liegt 170 Kilometer südwestlich von Tokio nahe der Stadt Omaezaki. Aktivisten fordern schon lange, es wegen der Erdbebengefahr abzuschalten. In der Anlage hatte es zudem mehrfach Störfälle gegeben.

Auch Auffälligkeiten an anderen AKW-Standorten werden derzeit nervös registriert. So fährt der Betreiber Japan Atomic Power Co. das AKW Tsuruga-2 an der Westküste Japans herunter, nachdem Hinweise auf defekte Brennelemente auftauchten . Und im weltgrößten AKW Kashiwazaki-Kariwa an der Westküste Japans hat es nun einen Defekt im Kühlsystem gegeben. Ein Ventil habe nicht funktioniert, zitierte die Nachrichtenagentur Kyodo den Betreiber Tepco am Freitag.

Das Ventil sei wichtig, wenn im Notfall Wasser zum Reaktor gepumpt werden müsse. Es sei "unwahrscheinlich", dass wegen des Defekts im Kraftwerk Kashiwazaki-Kariwa radioaktive Substanzen freigesetzt wurden. In der aus sieben Reaktoren bestehenden weltgrößten Atomanlage hatte es 2007 nach einem Beben folgenschwere Störfälle gegeben. In dem Kraftwerk in der japanischen Provinz Niigata war damals unter anderem radioaktiv belastetes Wasser aus einem Leck ins Meer geflossen. Zudem fing ein Transformator außerhalb der Reaktorhallen Feuer.

Tepco schlampte auch im weltgrößten AKW

Insgesamt wurden 50 technische Defekte registriert - die Tepco zunächst nicht meldete. Ende Februar dieses Jahres war in Japan ein Bericht veröffentlicht worden, demzufolge in dem Kraftwerk etliche Geräte schlecht gewartet wurden.

Kurze Zeit später kam es an der Ostküste zur noch andauernden Katastrophe. In der Folge der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe vom 11. März fielen im Atomkraftwerk Fukushima-1 die Kühlanlagen aus. Durch mehrere Wasserstoffexplosionen gelangte strahlendes Material in die Atmosphäre und später über Löschwasser auch ins Meer.

Erstmals seit dem Beben vor knapp zwei Monaten haben Arbeiter das stark verstrahlte Gebäude von Reaktor 1 im zerstörten Atomkraftwerk Fukushima Eins am Donnerstag betreten. Ziel der Aktion sei es, das Kühlsystem dort wieder in Gang zu bringen, verlautbart Kraftwerksbetreiber Tepco. Ausgestattet mit Schutzmasken und Spezialanzügen sollten die Arbeiter zunächst Filter für die radioaktive Luft einbauen. Wegen der Strahlenbelastung hielten sich die Teams nicht mehr als zehn Minuten im Reaktor auf.

Der Unfall in Fukushima wurde inzwischen auf Stufe 7 der internationalen Störfallskala eingeordnet und steht damit auf einer Ebene mit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986.

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dpa/AFP/grc
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