Die Zukunft der Samurai-Schwerter hängt an Russlands Krieg in der Ukraine. Die Handwaffe des japanischen Militäradels aus vorindustriellen Zeiten erlebt dort zwar kein Comeback. Schwerter-Lieferungen aus Tokio nach Kiew gibt es nicht. Wladimir Putins Panzer würden sich wohl auch kaum mit traditioneller Schmiedeware vertreiben lassen. Aber wegen des Krieges sind die Energiepreise hoch. Die fachgerechte Lagerung der Samurai-Schwerter ist deshalb teurer denn je - und Japans Regierung will die Mehrkosten nicht tragen. Setzen die kostbaren Klingen in Nippons Kulturerbe-Museen bald Rost an?
Makoto Fujiwara, Direktor des Nationalmuseums in Tokio, hat im Januar diesen Eindruck erweckt. In der Zeitschrift Bungei Shunju schrieb er: "Wir können die nationalen Schätze nicht schützen, wenn wir so weitermachen." Katsuhiro Ozaki, ein Buchhalter des Hauses, bestätigt die schwierige Lage. Der aktuelle Betriebskostenzuschuss der Regierung beträgt etwa eine Milliarde Yen, umgerechnet 6,72 Millionen Euro. Mehr gibt es nicht - nächstes Jahr schrumpft der Zuschuss sogar turnusgemäß um ein Prozent, weil die Regierung glaubt, wer weniger Förderung hat, arbeitet effektiver. Gleichzeitig war die Stromrechnung des Nationalmuseums im abgelaufenen Geschäftsjahr um geschätzte 250 Millionen Yen höher und damit mehr als doppelt so teuer wie veranschlagt. Das passt nicht zusammen.
Japans Kulturförderung ist relativ mager. Die Agentur für kulturelle Angelegenheiten (AkA) bekommt weniger als 0,1 Prozent des Staatsbudgets von 114 Billionen Yen. 2021 zeigte eine Studie, dass etwa Südkorea drei Mal mehr für Kultur ausgibt. Bildung sei dem Staat nach dem Krieg einfach wichtiger gewesen als Kunst, erklärt Masanori Aoyagi, einst AkA-Leiter, heute Direktor des Präfektur-Kunstmuseums in Yamanashi. "Die Kultur ist auf der Strecke geblieben", sagt er im Magazin Bijutsu Techo.
Die guten Stücke vertragen keine Wetterwechsel, schon gar nicht Japans schwülen Sommer
Dass die rechte Regierung dem Nationalmuseum in der Krise nicht hilft, ist seltsam. Schutz der nationalen Identität und blühender Tourismus sind schließlich die Hauptziele ihrer Kulturpolitik. Das Nationalmuseum ist dafür wichtig. Hier lagern neben Samurai-Schwertern alte Rüstungen, Kimonos, Kaligraphien, Zeichnungen, insgesamt 120 000 Kunstschätze. Aber die guten Stücke vertragen eben keine Wetterwechsel, schon gar nicht Japans schwülen Sommer. Sie brauchen um die 20 Grad sowie zwischen 50 und 60 Prozent Luftfeuchtigkeit. Kultur-Pflege ist kein Wunschkonzert für Bürokraten.
"An der Aufbewahrung ändern wir nichts", sagt Katsuhiro Ozaki. Das Nationalmuseum lässt keine Samurai-Schwerter rosten oder kostbare Papiere verschimmeln. Die Klimaanlage läuft immer. Man spare dafür in der Verwaltung und bemühe sich um mehr Einnahmen. Direktor Fujiwaras Artikel habe dabei schon geholfen. "Danach gab es mehr Spenden."
Masanori Aoyagi fordert ein nachhaltiges Förderkonzept. Aber dafür fehle Personal, die AkA sei "völlig unterbesetzt". Die Klage des Kollegen Fujiwara findet Aoyagi etwas verlogen. Der war schließlich mal Vizeminister in der Kulturverwaltung. "Da hätte er den Kulturetat erhöhen sollen." Damals wusste Fujiwara vielleicht noch gar nicht so genau, was ein Samurai-Schwert heutzutage braucht.