Die Frisur-Vorschriften der staatlichen Oberschule in Himeji, Präfektur Hyogo, Japan, verbieten Färben, Bleichen, Aufföhnen. Sie legen außerdem fest, dass ein Haarschnitt "nicht trendig, sondern sauber und angemessen für Schülerinnen und Schüler einer Oberschule" sein soll. Von Zöpfen steht da nach Recherchen der Zeitung Mainichi nichts. Trotzdem gab es den Eklat, der die Schule jetzt als Beispiel japanischer Intoleranz in die Schlagzeilen bringt. Ein Achtzehnjähriger, Sohn einer Japanerin und eines schwarzen Amerikaners, durfte nicht an seiner Schulabschlusszeremonie teilnehmen, weil er mit Cornrows erschien, einer traditionellen, sauberen und für junge Leute durchaus angemessenen Flechtfrisur aus dem afrikanischen Kulturkreis. Ein Vertreter der Schule erklärte: Cornrows seien "anders als das, was wir gelehrt haben".
Die Regeln der Schulen sind seit Jahren ein Thema in Japan. Sie sind teilweise so streng und widersinnig, dass sie an Freiheitsberaubung grenzen und den Wert der Vielfalt verleugnen. Dass die Schülerinnen und Schüler ihre Haare ordentlich geschnitten und in japanischem Schwarz tragen sollen, ist dabei nur eine Facette der irritierenden Erziehungsstandards. Manche Schulen schreiben den Jugendlichen vor, welche Farbe ihre Unterwäsche haben soll und welche Form ihre Augenbrauen. Sie verbieten ihnen unter anderem Strickjacken, selbst wenn es kalt ist, in selteneren Fällen auch Sonnencreme, Lippenbalsam, Liebesbeziehungen.
Angefangen haben die sogenannten schwarzen Regeln wohl in den Achtzigerjahren. Eine Welle der Gewalt mit Mobbing und Sachbeschädigungen belastete damals Japans Schulen. Deren Leitungen wollten mit mehr Strenge die Ordnung wiederherstellen und setzten den Plan mit japanischer Gründlichkeit um. Dabei müssen dann jene Übertreibungen passiert sein, die nicht nur Schülerinnen und Schüler unter Druck setzen, sondern auch jene, die die Regeln umsetzen müssen. Manche Lehrkräfte kommen in Erklärungsnot, weil sie den Sinn eines Föhnfrisur- oder Strickjackenverbots selbst nicht verstehen.
In Japan entscheiden die Schulleitungen über die Regeln, deshalb ist es nicht überall so streng. Außerdem gibt es einen Trend zur Entspannung. 2017 verklagte eine 18-Jährige die Präfektur Osaka, nachdem sie ihr naturbraunes Haar hatte schwarz färben müssen. Seither haben Anwälte und Interessengruppen einiges erreicht. Diverse Präfekturen drängen ihre Schulen längst zum Umdenken. Zum Beispiel sollen sie keine Naturhaar-Zertifikate mehr fordern, mit denen Blonde oder Gelockte nachweisen müssen, dass sie nicht mit Absicht gegen das Gebot zur Einheitsfrisur verstoßen.
Aber behoben ist das Problem der absurden, teilweise fremdenfeindlichen Regeln noch nicht, wie das Beispiel von Himeji zeigt. Und wo es Besserung gibt, kommt es auch mal zu umstrittenen Übertreibungen in die andere Richtung. Mainichi berichtete im Dezember von einer Bildungseinrichtung in Tokio, die den Streit um weltfremde Regeln löste, indem sie die Pflichten gleich ganz abschaffte. An der Kojimachi-Mittelschule muss man angeblich nicht einmal mehr Hausaufgaben machen.