James Holmes:Aurora-Attentäter rief kurz vor der Tat bei Krisen-Hotline an
Lesezeit: 2 Min.
Kein Anschluss bei der Notfall-Hotline
Hätte das Telefongespräch, das James Holmes am 22. Juli 2012 führen wollte, zwölf Menschenleben retten können? Hätte die Person am anderen Ende der Leitung ihn von seiner Tat abbringen und verhindern können, dass er in das Kino stürmt und dort wahllos Menschen erschießt?
Wie jetzt vor Gericht bekannt wurde, hat James Holmes, der Attentäter, der damals in der US-Kleinstadt Aurora im Bundesstaat Colorado ein Massaker anrichtete, offenbar unmittelbar vor seiner Tat versucht, eine Notfallseelsorge-Hotline anzurufen. Doch die Verbindung wurde bereits nach neun Sekunden unterbrochen, noch bevor jemand abheben konnte.
Also betrat Holmes das Gebäude, warf eine Tränengas-Patrone in den Saal, in dem gerade die "Batman"-Premiere lief und begann, um sich zu feuern. "Von diesem Moment an, lief ich auf Autopilot", sagt Holmes.
Vor Gericht in Centennial, einem Vorort von Denver, werden derzeit etwa 22 Stunden Videomaterial gezeigt. Es handelt sich um Gespräche des Angeklagten mit William Reid, einem Psychiater, der über die Zurechungsfähigkeit des Angeklagten entscheiden soll.
"Warum haben Sie angerufen?", fragt Reid.
"Ich wollte nur die letzte Chance nutzen, um zu sehen, ob ich es doch sein lassen soll", sagt Holmes.
"Und was dachten Sie, als die Verbindung unterbrochen wurde?", fragt Reid.
"Nur dass es jetzt wohl wirklich passieren wird", sagt Holmes.
Die wichtigste Frage: War Holmes zur Tatzeit schuldfähig?
Gutachter Reid hält Holmes für juristisch zurechungsfähig. Seine psychische Krankheit habe "ihn nicht davon abgehalten, eine Absicht zu entwickeln und zu wissen, was er tut und welche Konsequenzen sein Handeln hat", sagte der Psychiater vor Gericht. Reid ist einer von mehreren Ärzten, die Holmes' geistige Verfassung beurteilen sollen.
Im Prozess, der noch mehrere Monate dauern kann, geht es derzeit vor allem um die Frage, ob Holmes zur Tatzeit schuldfähig war. Während die Staatsanwaltschaft das Bild eines klugen Täters zeichnet, der sein Handeln sorgfältig plante, betonen seine Verteidiger seine psychischen Probleme. Nach einer Psychose habe Holmes an Schizophrenie gelitten und deshalb keine Kontrolle über sein Tun gehabt.
Das Gericht hatte über mehrere Monate aus einer Gruppe von rund 9000 Kandidaten die aus 24 Personen bestehende Jury zusammengestellt. Sofern die zwölf Geschworenen Holmes für schuldig bekennen, müssen sie anschließend entscheiden, ob er wie von der Staatsanwaltschaft gefordert mit dem Tod bestraft werden soll. Setzt sich die Verteidigung durch, würde er wohl in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.