Seilbahnunglück in Italien:Abgestürzt an einem der höchsten Punkte über dem Boden

Tote bei Seilbahnunglück in Italien

Rettungskräfte am Sonntag am Ort des Unglücks.

(Foto: Uncredited/dpa)

In einer beliebten Touristengegend am Lago Maggiore sterben am Sonntagmittag 14 Menschen bei einem Bergbahnunglück, darunter zwei Kinder. Ersten Untersuchungen zufolge riss eines der Seile. Der Grund ist noch unklar.

Von Oliver Klasen

Deformiertes, völlig zerbeultes und aufgeschlitztes Karosserieblech inmitten eines Waldstücks sieht man auf den Fotos, die Feuerwehr, Bergwacht und Polizei von der Unglückstelle gemacht haben. Es ist unklar, ob die Seilbahn-Kabine durch den Aufprall so stark zerstört wurde, oder davon, dass sie in die Bäume krachte oder von beidem.

Klar ist, in Stresa, am Westufer des Lago Maggiore in der Region Piemont, hat sich ein verheerendes Unglück ereignet. Genau an einer der Stellen, an der die Bahn am höchsten über dem Boden schwebt - in 20 Meter Höhe etwa, in der Nähe eines Pfeilers kurz vor der Bergstation - ist die Kabine abgestürzt, auf dem Boden aufgeprallt und dann noch einige Dutzend Meter den Hang hinuntergerutscht. Einige Passagiere wurden offenbar beim Absturz hinausgeschleudert, andere danach in der Gondel eingeschlossen.

14 Menschen sind nach Angaben der Bergwacht ums Leben gekommen, darunter zwei Kinder. Drei Personen sollen schwer verletzt worden sein. Unter den Opfern sind sowohl italienische Staatsbürger als auch ausländische Touristen.

Am Montag bestätigt das israelische Außenministerium den Tod von fünf Staatsbürgern. Es handele sich um Mitglieder einer Familie, teilte die Behörde in Jerusalem mit. Getötet wurden bei dem Unglück demnach ein Ehepaar und ihr zweijähriger Sohn, die in Italien lebten und arbeiteten. Gestorben seien zudem die Großeltern der Frau, die zu Besuch in Italien waren. Ein fünfjähriger Sohn des Paares sei schwer verletzt worden und werde in einem Krankenhaus behandelt. Deutsche sind nach Angaben des Außenministeriums nicht unter den Opfern.

Mehrere Mannschaften der Bergrettung, der Feuerwehr und der Carabinieri sind weiter im Einsatz. Auch zwei Hubschrauber wurden zur Bergbahn beordert. Die Rettungsarbeiten sind kompliziert. Auf den Fotos erkennt man, dass die Unglücksstelle relativ schwer zugänglich ist. Eines der Feuerwehrfahrzeuge, so schreibt die Zeitung La Reppublica auf ihrer Website, habe sich auf dem Weg zur Unglücksstelle überschlagen, dabei sei jedoch keiner der Feuerwehrleute verletzt worden.

Seilbahn soll vor einigen Jahren generalüberholt worden sein

Die Seilbahn verbindet den Ort Stresa mit dem 1491 Meter hohen Monte Mottarone. "In 20 Minuten vom See zum Berg", so lautet der Werbeslogan der Seilbahn. Sie ist sowohl im Sommer als auch im Winter in Betrieb, erst am Samstag - im Zuge der Corona-Lockerungen in Italien - war sie wieder geöffnet worden.

Wie italienische Medien schreiben, wurde die 1970 gebaute Bahn von 2014 bis 2016 für 4,4 Millionen Euro generalüberholt. Dabei seien sowohl die Kabinen umfassend renoviert als auch die Seile überprüft worden.

Eines eben dieser Seile, so die ersten Untersuchungen der Einsatzkräfte, muss nun gerissen sein. Darauf deuten auch Aussagen von Stresas Bürgermeisterin Marcella Severino an. Sie sagte dem Sender Rai, Wanderer in der Nähe hätten vor dem Absturz ein lautes Zischen gehört. Anschließend sei die Gondel womöglich gegen den Pfeiler gekracht und dann zu Boden gefallen.

Was genau dieses Unglück verursachte, wird in den kommenden Wochen untersucht werden müssen. "Das System war absolut sicher, es gab eine vollständige Instandhaltung. Jetzt müssen wir verstehen, was wirklich passiert ist, Vermutungen anstellen verbietet sich aus Respekt vor den Opfern", sagte Valeria Ghezzi, die Präsidentin der Vereinigung italienischer Seilbahnbetreiber.

Die Staatsanwaltschaft, so schrieb der Corriere della Sera am Abend, habe die Ermittlungen übernommen. Derzeit werde wegen mehrfachen Totschlags und fahrlässiger Körperverletzung ermittelt, so die zuständige Staatsanwältin Olimpia Bossi. Allerdings müsse man auch die Möglichkeit eines Anschlages in Betracht ziehen.

Liguriens Regionalpräsident Giovanni Toti drückte den Menschen im Piemont sein Beileid aus. Die Tragödie versetze einen in Trauer - an einem Sonntag, der eigentlich für die Hoffnung stehen sollte, schrieb EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni auf Twitter. Der Parteichef der rechten Partei Lega, Matteo Salvini, schrieb, es gebe keine Worte dafür.

Und Mario Draghi, der Ministerpräsident, ließ im Namen der gesamten Regierung den Familien der bei dem Unglück ums Leben gekommenen Menschen sein Beileid ausrichten. Er denke besonders an die beiden Kinder und an deren Familien.

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