Italien:Jedes Jahr ein Bonus, ohne Ausnahme, bis zu 17 000 Euro

Italien: So entspannt kann das Leben in Sizilien sein, hier in Gangi in der Nähe von Palermo.

So entspannt kann das Leben in Sizilien sein, hier in Gangi in der Nähe von Palermo.

(Foto: AFP)
  • In Sizilien sind hohe Beamte der Regionalverwaltung in den vergangenen Jahren ausnahmslos und jedes Jahr mit einem Bonus belohnt worden.
  • Der Protestpartei Movimento Cinque Stelle war das suspekt - deshalb hat sie die Kuriosität publik gemacht.

Von Oliver Meiler

Manche Wunder sind ein bisschen zu schön, um wahr zu sein. Selbst wenn sie sich auf Sizilien zutragen, einer Insel voller Mythen und barocker Geschichten, auf der fast alles schöner blüht. In den vergangenen Jahren passierte es, dass die hohen Beamten in der autonomen sizilianischen Regionalverwaltung ihre Arbeit so unerhört tadellos, ja so herausragend gut verrichteten, dass sie jeweils zu ihrem Gehalt noch einen Bonus erhielten. Und zwar alle Kaderleute, alle, alle, ohne Ausnahme, jedes Jahr. Und jeder von ihnen erhielt jedes Mal den maximalen Bonus. Bei den ranghöchsten Funktionären betrug er 17 000 Euro.

Nun ist es natürlich möglich, wenn auch recht unwahrscheinlich, dass die Sizilianer den Sinn der Bonuszahlung grundsätzlich eigentümlich interpretieren. Anderswo ist damit eine Sondervergütung gemeint, die bei besten Leistungen fällig wird - und nur dann. Er soll ein Anreiz sein, eine Motivationshilfe. Der Arbeitgeber formuliert eine ambitionierte Zielvorgabe und ordnet dieser eine Summe zu, je nach Grad der Zufriedenheit, die den Arbeitnehmer dazu animieren soll, alles zu geben. In der sizilianischen Verwaltung gab es diese Zielvorgaben auch. Nur waren sie so definiert, dass es unmöglich war, sie nicht zu erfüllen.

In der Stadt Enna wurden 37 leitende Angestellte prämiert

Der Protestpartei Movimento Cinque Stelle war die Geschichte vom Bonusfonds über 40 Millionen Euro von Beginn an suspekt. Ihr haben es die Bürger zu verdanken, dass einige dieser Vereinbarungen jetzt publik sind - zum Beispiel jene aus Enna, einer Kleinstadt im Zentrum der Insel. Sie zählt 37 "dirigenti", leitende Angestellte also. Alle wurden prämiert. Bei einem hatte es geheißen, er möge dem Verantwortlichen des Gesundheitswesens einen Brief schreiben, damit der prüfe, ob sein Amt neue Computer brauche. Das hat er im Verlauf des Jahres offenbar zur größten Zufriedenheit erledigt. Einem anderen wurde aufgetragen, behandelte Dossiers zu registrieren und zu archivieren. Gelang ihm perfekt. Und ein weiterer sollte "Internet und E-Mail benutzen". Ging ohne Beanstandung.

"Mit solch begabten und effizienten 'dirigenti'", ironisierte Giorgio Ciaccio, Fraktionschef der Cinque Stelle im sizilianischen Parlament, "müsste unsere Region ja auf allen Gebieten hell glänzen. Stattdessen befinden wir uns am Rand des Bankrotts, überladen von Schuldenbergen." Er sprach von unanständigen Geschenken, die ausgerechnet jene erhielten, die ohnehin schon fürstlich entlohnt würden. Der Fonds wurde nun suspendiert, damit er überprüft werden kann.

Da verwundert es schon, dass Vincenzo Vinciullo ausgerechnet jetzt über seine Situation klagt. Vinciullo ist ein sizilianischer Abgeordneter, Christdemokrat, Besitzer zweier Häuser. Im Fernsehen sagte er, mit seinem Gehalt als italienischer Parlamentarier, immerhin 11 000 Euro im Monat, habe er wie alle Normalsterblichen Mühe, über die Runden zu kommen. Er werde ja auch so oft zu Hochzeiten eingeladen, daheim auf der Insel, mindestens eine im Monat. Da müsse er immer hin, und ein schönes Geschenk erwarte man auch von ihm, sei ja klar. Das Opfer hätte einen Bonus verdient, einen sizilianischen.

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