Türkei:Nachbeben in Istanbul – insgesamt mehr als 200 Verletzte

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Nach dem Erdbeben versammeln sich die Menschen im Freien. Viele übernachten in Parks und auf Grünflächen.
Nach dem Erdbeben versammeln sich die Menschen im Freien. Viele übernachten in Parks und auf Grünflächen. (Foto: Burak Kara/Getty Images)

Mehrere Erdstöße erschüttern Istanbul. Obwohl größere Schäden ausbleiben, ist die Lage angespannt. Experten warnen vor einem möglichen weiteren Beben.

Die Erdbebenserie in der türkischen Metropole Istanbul reißt nicht ab. Bis zum Donnerstagmorgen wurden dem Katastrophendienst Afad zufolge etwa 300 Nachbeben gezählt, darunter eines der Stärke 4,1.

Die Zahl der Verletzten nach dem Beben vom Mittwoch (Stärke: 6,2) ist auf 236 gestiegen. Das teilte Gesundheitsminister Kemal Memişoğlu mit. Laut Memişoğlu ist es zu keinen primären Verletzungen durch das Beben gekommen. Sekundärverletzungen sind durch Stürze, Sprünge oder Panik entstanden. Die große Mehrheit der Betroffenen konnte das Krankenhaus inzwischen wieder verlassen.

Zahlreiche Menschen verbrachten die Nächte im Freien und schlugen etwa in Parks oder auf anderen Grünflächen Zelte auf, wie türkische Medien berichteten. Das Erdbeben hat zwar keinen größeren Schaden angerichtet, aber die Angst in der Bevölkerung befeuert.

Präsident Recep Tayyip Erdoğan erklärte am Mittwochabend: „Unsere Bürger können beruhigt sein. Als Staat werden wir weiterhin rund um die Uhr mit allen unseren Einheiten in Alarmbereitschaft bleiben und für unsere Nation arbeiten, die Situation unter Kontrolle zu haben.“

Experten warnen vor möglichem weiteren Beben

Beruhigt sind aber wohl die wenigsten der Bewohner. Seismologen und Geologen, die in türkischen Medien zu Wort kommen, gehen in der Mehrzahl davon aus, dass ein großes Beben noch bevorsteht. Wann das der Fall sein könnte, kann niemand sagen - doch die Stärke könnte 7,4 betragen, manche Fachleute rechnen sogar mit einer Magnitude von 7,7. Zu befürchten wären dann Experten zufolge viele Tote. Die Türkei liegt in einer der seismisch aktivsten Gegenden der Welt. Hinzu kommt, dass die Stadt teilweise auf ungünstigem Untergrund liegt: Der südwestliche Teil etwa liegt nicht auf festem Grund wie Granit, sondern auf einer ausgetrockneten Lagune.

Obwohl Experten seit Jahrzehnten vor einem großen Erdbeben warnen, gilt die Metropole am Bosporus – das am dichtesten besiedelte Gebiet des Landes – nicht als erdbebensicher. Zwar wurden in den vergangenen Jahren auch vor dem Hintergrund der verheerenden Erdbebenkatastrophe im Südosten des Landes 2023 Programme zur Erneuerung gefährdeter Gebäude vorangetrieben. Mehr als eine Million Gebäude gelten aber immer noch als nicht sicher.

Der inhaftierte und abgesetzte Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoğlu kritisierte die Regierung dafür, eine Erneuerung der Stadt versäumt zu haben. Imamoğlu gilt aus aussichtsreichster Konkurrent Erdoğans bei einer zukünftigen Wahl. Seine Verhaftung im Zusammenhang mit Terror- und Korruptionsvorwürfen wird weithin als politisch motiviert eingestuft. Er sitzt derzeit im Marmaragefängnis in Silivri, wenige Kilometer vom Epizentrum des stärksten Bebens entfernt.

Das Erdbeben war auch in Teilen des Nachbarlands Griechenland deutlich zu spüren. Vor allem im Nordosten am Grenzfluss Evros zur Türkei hin wurden die Menschen in Angst versetzt, berichteten griechische Medien. Meldungen über die Erdstöße gab es außerdem von etlichen Ägäisinseln, darunter Chios und Lesbos. Schäden habe es jedoch nicht gegeben. Auch im nordwestlich angrenzenden Bulgarien wurde das Beben gespürt, am stärksten im südöstlichen Grenzgebiet und in der Region Burgas am Schwarzen Meer, wie das Geophysische Institut in Sofia mitteilte.

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