Israel:Brei erfunden

Israel: Lecker: Auch ein Argument für eine Israel-Reise: Hummus; hier serviert in einem palästinensischen Restaurant in Jerusalem.

Lecker: Auch ein Argument für eine Israel-Reise: Hummus; hier serviert in einem palästinensischen Restaurant in Jerusalem.

(Foto: Ahmad Gharabli/AFP)

Der Streit bei Twitter um die Herkunft des beliebten Hummus-Breis spaltet den Nahen Osten. Ist er nun aus der israelischen oder der arabischen Küche?

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Es begann mit einer harmlosen Empfehlung: Rachael Ray, bekannt durch ihre Kochshow im US-Fernsehen, gab auf Twitter Ratschläge für ein Festessen zur Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel. Für eine israelische Nacht solle man Hummus, Tabouli (Bulgursalat) und gefüllte Weinblätter nehmen, schrieb sie unter zwei illustrativen Fotos. Kurz darauf brach ein Sturm der Entrüstung in den sozialen Medien los. Mehr als 2400 antworteten auf den Tweet.

Zuerst wurde noch mit Humor auf die Einordnung reagiert: Es wurden Fotos von Pizza oder Hamburgern gepostet mit dem Hinweis: "Das ist israelisches Essen." Dann wurde der Ton zunehmend rauer und wechselseitige Beschuldigungen wurden laut. Denn sowohl Israelis als auch Araber beanspruchen dieses Püree aus Kichererbsen, Sesampaste und Olivenöl, verfeinert mit Zitronensaft, Knoblauch und Petersilie als ihr Gericht.

Spätestens als James Zogby, Gründer des arabisch-amerikanischen Zentrums in Washington, die Hummus-Annektion als "kulturellen Genozid" der Israelis brandmarkte, war klar: Es gibt einen Hummus-Krieg, diesmal auf Twitter ausgetragen, befeuert durch Stellungnahmen dies- und jenseits des Atlantiks. Wie oft bei Debatten im Nahen Osten geht es vom kleinen gleich zum großen Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. "Zuerst haben die Israelis das Land genommen und ethnisch gesäubert, jetzt beanspruchen sie auch noch das Essen und die Kultur und behaupten, das gehöre ihnen. Schämt Euch!", empörte sich Zogby, dessen Vater aus dem Libanon stammt und der ein bekannter Kolumnist ist.

Da konnte sich ein anderer Journalist nicht zurückhalten: Bret Stephens, Kolumnist der New York Times und früherer Chefredakteur der Jerusalem Post, feuerte zurück: Wenn es sich dabei um kulturellen Genozid handele, dann sollten die Araber aufhören, israelische Technologien wie Instant Messaging oder Waze zu benutzen. Waze ist ein in Israel entwickeltes Navigationssystem. Quer über den Atlantik wurde dann historische Spurensuche betrieben. Selbst Stephens gestand ein, dass Hummus im Kairo des 13. Jahrhunderts erstmals erwähnt wurde.

Legenden zufolge hat Volksheld Saladin im zwölften Jahrhundert nicht nur die Kreuzritter aus Jerusalem vertrieben, sondern auch den Hummus erfunden. Anderen Quellen zufolge soll bereits in der Bibel von einem hummusartigen Gericht die Rede sein. Israelis beanspruchen ihn jedenfalls als ihr Nationalgericht, für die Araber, insbesondere die Libanesen, ist Hummus dagegen ihre kulinarische Errungenschaft. Bei Hummus handelt es sich also um denselben Brei, aus dem der ganze Nahost-Konflikt gerührt wird.

Die US-Köchin, die die Twitter-Schlacht ausgelöst hat, ist übrigens nicht jüdisch. Sie ging auf die von ihr ausgelöste Debatte nicht weiter ein, sondern postete lieber Empfehlungen für ein griechisch inspiriertes Festmahl - bisher unbestritten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: