Interview:"Sind Sie nicht Daniel Brühl?"

Bisher kannte der Schauspieler das Filmfestival von Cannes nur als Darsteller in einem Wettbewerbsbeitrag. In diesem Jahr ist er Jurymitglied des Kurzfilmprogramms - an der Seite von Tim Burton und Sandrine Bonnaire.

SZ: Herr Brühl, Cannes ist das exzentrischste europäische Filmfestival. Sie gelten dagegen als unprätentiös und bescheiden. Passen Sie überhaupt dorthin?

Daniel Brühl

Daniel Brühl mag Cannes - weil es dort so warm ist

(Foto: Foto: ddp)

Brühl: Das hoffe ich doch sehr! Ich bin jetzt schon zum dritten Mal dort. Und ich fühle mich immer extrem wohl. Es ist mein absolutes Lieblingsfestival.

SZ: Der Kölner Brühl liebt Cannes?

Brühl: Ja, das hat auch mit ganz banalen Dingen zu tun: Es ist warm dort, die Stadt ist wunderschön gelegen, man isst hervorragend, und die Franzosen haben einen besonderen Sinn für Feierlichkeit, den ich toll finde. Es ist einfach immer spannend, den roten Teppich zu sehen.

SZ: In diesem Jahr sind Sie - außer Konkurrenz - als Hauptdarsteller der spanischen Produktion "Salvador" dabei und Mitglied der Kurzfilmjury. Welche Rolle ist Ihnen lieber?

Brühl: Schwer zu sagen. Bei den Festspielen in diesem Jahr wird es sicher insgesamt lustiger. Beim ersten Mal vor zwei Jahren war ich wahnsinnig nervös. Als Jury-Mitglied bin ich diesmal sicher mehr Teil des Ablaufs. Zugleich freue ich mich auf die Premiere von "Salvador", weil es mein erster spanischer Film ist. Ich bin gespannt auf mein Team.

SZ: Wie wird man Juror in Cannes?

Brühl: Der künstlerische Leiter Thierry Frémaux hat mich angerufen und gefragt. Wir kannten uns von der Premiere von "Merry Christmas" in Paris . Sein Angebot hat mir natürlich geschmeichelt, in der Kurzfilmjury sitzen auch Tim Burton und Sandrine Bonnaire, glaube ich.

SZ: Da ist man natürlich sehr nervös.

Brühl: Ja, aber auf eine andere Art. Beim ersten Mal hatte ich mich noch aus allem rausgehalten. Das wird diesmal anders. Ich habe mir vorgenommen, Cannes in vollen Zügen zu genießen.

"Sind Sie nicht Daniel Brühl?"

SZ: Werden Sie erkannt an der Croisette? Autogramme? Kreischende Fans?

Brühl: Natürlich ist die Resonanz kleiner als bei irgendwelchen Stars. Aber es kommt schon vor. Einmal stand ich in einer Schlange für die Premiere eines Films mit Nick Nolte. Plötzlich kam der Türsteher auf mich zu und fragte : "Sind Sie nicht Daniel Brühl?" Dann wurde ich zum Ärger der Wartenden vorgelassen und durfte mit acht Begleitern hinein. Das war schon chefig. Ich war sehr stolz.

SZ: Inzwischen wohnen Sie sicher im Nobelhotel "Martinez" und bekommen täglich Geschenke und Blumen . . .

Brühl: Das Hotel war mein Wunsch, aber da residiert leider die Hauptjury. Die Kurzfilmjury ist im "Majestic" untergebracht. Was Bestechungsgeschenke angeht: Mal sehen was die Regisseure in petto haben.

SZ: Wie darf man sich Ihren Tagesablauf vorstellen? Canapees mit Audrey Tautou und Eva Herzigova? Gespräche mit Pedro Almodovar, Nanni Moretti und Sofia Coppola?

Brühl: Sicher ist Cannes auch eine riesige Kontaktbörse. Und ich habe mich tatsächlich im letzten Jahr mit Almodovar über seinen Film unterhalten, er war bei einer Party sogar auf mich zugekommen und sagte: "Du bist doch Halbspanier!" Aber man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass das jetzt ein wichtiges Treffen war. Insgesamt ist der Tagesablauf immer viel weniger entspannt, als ich mir das vorher erhoffe. Weil bis spät abends Termine, Feste und Empfänge sind. Dazu kommt die Jurytätigkeit, ich werde wohl nur im Kino sitzen. Nach Cannes ist man immer gnadenlos kaputt.

SZ: Worauf freuen Sie sich am meisten?

Brühl: Am aufregendsten ist immer der Moment, wenn du zitternd im Kino sitzt, dein Film gerade vorbei ist und du hoffst, dass es allen gefallen hat. Wenn dann Applaus einsetzt, ist es einfach nur gigantisch. Anschließend gibt es oft diese Partys in den Gärten von feisten Villen, die man nicht betreten darf. Das ist unwirklich. Mein Lieblingsort ist aber eine ganz kleine Insel vor Cannes. Da kann man sich vom ganzen Trubel erholen.

Interview: Marten Rolff

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