Interview mit Kunstsammler Robert C. Pritikin:"Ich hätte auch eine Million dafür ausgegeben"

Der Kunstsammler Robert C. Pritikin aus San Francisco hat für 100.000 Dollar einen Globus von Adolf Hitler ersteigert. Nun will er ihn als Inbegriff des Bösen ausstellen.

Claudia Fromme

Mehr als 62 Jahre ist es her, dass der junge US-Soldat John Barsamian in den Trümmern von Hitlers Berghof auf dem Obersalzberg einen Globus gefunden hat. Seine Vorgesetzten erlaubten ihm, die Weltkugel mit nach Kalifornien zu nehmen. All die Jahre stand diese in seinem Haus in Oakland herum; nun hat Barsamian den Globus versteigern lassen. Käufer ist der Kunstsammler Robert C. Pritikin.

Globus, Hitler; AP

"Groteskes Zeugnis des Machtwahns": Der Globus, der früher Adolf Hitler gehörte.

(Foto: Foto: AP)

SZ: Sie haben Hitlers Globus ersteigert, Mr. Pritikin. Wo steht er jetzt?

Robert C. Pritikin: Er befindet sich noch in einer Auktionskiste. Aber bald werde ich ihn ausstellen, als abstoßendes Kunstwerk, hier in meinem Haus. Es ist das größte private Anwesen in San Francisco und eine Art Privatmuseum. Ich werde Hitlers Globus zum Teil einer Installation machen und ihm Skulpturen von Benny Bufano gegenüberstellen. Einem Künstler, der sich für den Frieden in der Welt eingesetzt hat. Die Inbegriffe des Guten und des Bösen stehen sich in einem Raum gegenüber.

SZ: Vielen würde die Vorstellung, so etwas zu besitzen, eher Unbehagen bereiten.

Pritikin: Es gab einige, die haben gesagt: Ich an deiner Stelle würde den Globus zerstören. Mein Vater war Jude, ist aus Russland in die USA ausgewandert; ich selber ordne mich keiner Religion zu. Es ist besser, glaube ich, wenn der Globus weiter als Mahnmal dient. Wir können es uns nicht leisten, die Erinnerung - so schmerzlich sie auch ist - zu verdrängen.

SZ: Sie haben 100.000 Dollar für den Globus des Diktators bezahlt, der Auktionator hatte mit 20.000 Dollar gerechnet.

Pritikin: Ich hätte auch eine Million dafür ausgegeben. Ich habe meinem Vertreter bei der Auktion entsprechende Anweisungen gegeben. Ich halte den Globus für ein sehr wichtiges Dokument der Menschheitsgeschichte, für ein Symbol der Allmachtsphantasien Adolf Hitlers.

SZ: Charlie Chaplin führt in der Nazi-Satire "Der große Diktator" im Machtwahn einen grotesken Tanz mit einem aufblasbaren Globus auf, der dann zerplatzt.

Pritikin: Er erfasste Hitler in seiner ganzen Groteskheit und Gefährlichkeit - in einem Film von 1940. Ich sehe den Globus als groteskes Zeugnis dieses Machtwahns. Auf der Kugel, in die Granatensplitter Löcher geschlagen haben, sind Linien in rot, blau und grün eingezeichnet. Hitler hatte da offenbar Strecken für einen weltweiten U-Boot-Krieg markiert.

SZ: Das ist für Militärhistoriker sicherlich sehr interessant.

Pritikin: Ja, ich hatte da einige Anfragen. Auch Museen wollten mir den Globus schon abkaufen. Ich werde ihn jedoch behalten. Jeder, der ihn studieren will, kann gerne zu mir nach San Francisco kommen.

SZ: Es gibt Diskussionen über die Echtheit des großen Hitler-Globus im Deutschen Historischen Museum in Berlin. Sind Sie sicher, dass Ihrer echt ist?

Pritikin: Ganz sicher. John Barsamian, der ihn im Frühjahr 1945 auf Hitlers Berghof in Berchtesgaden gefunden hat, hat alles sehr genau dokumentiert. Es gibt Fotos von damals, Zeugenberichte, Einfuhrdokumente. Ich bin mit John Barsamians Sohn seit Jahren gut bekannt. Barry ist mit dem Globus großgeworden, er stand lange in seinem Schlafzimmer im Regal. Über die Herkunft hat Barry nie ein Wort verloren. Woher der Globus stammt, habe ich erst aus der Zeitung erfahren.

SZ: War die Konkurrenz groß bei der Versteigerung?

Pritikin: Nicht bei der Summe, die ich bereit war auszugeben. Bei diesen Auktionen finden Sie oft dubiose Typen, die ein ungesundes Verhältnis zur damaligen Zeit haben. Einen habe ich getroffen, der hat Zigarren von Hermann Göring ersteigert. Um Verherrlichung ging es John Barsamian nie. Er hat die Schrecken des Krieges gesehen, er war 1945 in Dachau. Heute ist er 91 Jahre alt und wollte die Sache regeln, eh es zu spät ist. Mit dem Gewinn begleicht er Rechnungen, den Rest spendet er. Nachbarn, die mir gegenüber wohnen, haben ein Plakat in ihr Fenster gehängt, als bekannt wurde, dass ich den Globus ersteigert habe. "Zu verkaufen: Hitlers Unterhosen", hatten die darauf geschrieben. Das finde ich geschmacklos.

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