Interview mit Buchautorin:"Und morgen bringe ich ihn um!"

Eine Chefsekretärin hat ein Buch darüber geschrieben, was sich hinter den verschlossenen Türen von Vorstandsetagen abspielt.

Jutta Göricke

Der Titel sagt alles: Katharina Münk hat als Chefsekretärin verschiedener Topmanager vor allem die Erfahrung machen dürfen, wie man anderer Leute Größenwahn verwaltet. Statt ihre Chefs aber umzubringen, hat Münk die Allüren der Manager einfach beschrieben. Verständlich, dass sie ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

SZ: Das ist ja höchst konspirativ! Sie haben ein Pseudonym, man darf Sie nur abends anrufen. Wovor fürchten Sie sich?

Münk: Ich habe ein Buch darüber geschrieben, was sich hinter den verschlossenen Türen von Vorstandsetagen abspielt. Und da sind Chefs sehr empfindlich. Wenn ich mich outen würde, bekäme ich keinen Job mehr. Aber meine Anonymität sichert ja auch die Anonymität meiner Vorgesetzten.

SZ: Chefsekretärinnen sind doch üblicherweise verschlossen wie Austern und loyal bis ins Grab. Was hat Sie dazu getrieben, über ihre Chefs zu schreiben?

Münk: Verschwiegenheit ist die Eigenschaft, die eine Sekretärin auszeichnen sollte. Aber jemand muss auch mal aufschreiben, was man in diesem Job alles erlebt. Im Namen aller Sekretärinnen sozusagen, die sonst kein Sprachrohr haben.

SZ: Wie lange arbeiten Sie schon als Assistentin auf höchstem Niveau?

Münk: Seit 18 Jahren - und habe dabei einige Topmanager erlebt, darunter auch Vorstandsvorsitzende. Ich weiß also, wovon ich rede.

SZ: Und was genau haben Sie erlebt?

Münk: Ein paar Profilneurotiker, selbstgefällige Menschen mit seltsamen Allüren.

SZ: Zum Beispiel?

Münk: Nehmen wir das Thema Status. Das ist so wichtig, dass zum Beispiel der Verlust des Elite-Status bei einer Fluggesellschaft dazu führt, dass Gespräche mit Aufsichtratsvorsitzenden verschoben werden, um diese Ungeheuerlichkeit ins Reine zu bringen. Oder einer meiner Chefs hat mich mal eine Woche lang jeden Tag einen anderen Teppich in sein Büro legen lassen - nur um herauszufinden, welchen er am schönsten findet.

SZ: Wie sieht der Alltag einer Chefsekretärin aus?

Münk: Sie sind in der Hauptsache damit beschäftigt, den Tagesablauf des Vorgesetzten zu organisieren. Wenn Sie etwa einen Chef haben, der unpünktlich ist oder sich ständig verquatscht, hängt der Terminplan nachmittags um vier Uhr einige Stunden hinterher. Da muss man ständig umdisponieren.

Außerdem ist man mit sehr vielen Privatangelegenheiten des Meisters beschäftigt: Urlaubsreisen buchen, das erste Auto des Sprösslings versichern. Davon ist im Vorstellungsgespräch natürlich nicht die Rede. Und bezahlt wird es auch nicht. Ein Chef würde da sofort lukrative Nebenverträge schließen.

SZ: Was hat ein Topmanager, das erfolglosere Kollegen nicht haben?

Münk: Ein hohes Maß an Nervenstärke, Selbstsicherheit, aber auch jede Menge Neider. Deshalb muss er sich abkapseln können. Das macht einsam. In manchen Unternehmen gibt es einen eigenen Aufzug zur Vorstandsetage. Ganz oben ist es antiseptisch.

SZ: Amerikanische Forscher haben herausgefunden, dass unter Top-Chefs ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Soziopathen zu finden ist - aggressive Menschen ohne Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, langfristige Bindungen einzugehen. Können Sie das bestätigen?

Münk: Ja, aber ich würde sagen, der Job hat sie erst dazu gemacht. Wer nur noch von Ja-Sagern umgeben ist und niemanden mehr hat, der Tacheles redet, wird irgendwann zum Egomanen. Außerdem ist der Druck in solchen Positionen immens. Da schottet man sich schon aus Selbstschutz ab.

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